Vor Nato-Gipfel: Spanien tanzt aus der Reihe
Vor dem am Dienstag beginnenden Nato-Gipfel in Den Haag herrscht Spannung. Der spanische Premier Pedro Sánchez hatte überraschend angekündigt, dass sein Land eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts, wie von den USA gefordert, ablehne. Daraufhin wurde Spanien als einzigem Nato-Land unter den 32 Mitgliedern eine Ausnahme gewährt. Europäische Medien bewerten die Haltung Spaniens als mutig.
Beispiellose Weigerung
El País erwartet einen hitzigen Gipfel:
„Jede verantwortungsvolle Regierung, gleich welcher Couleur, hätte eine ähnliche Entscheidung getroffen. Alles andere wäre heuchlerisch und würde bedeuten, eine Verpflichtung einzugehen, die nicht eingehalten werden kann. ... Die Unterfinanzierung der europäischen Verteidigung kommt vom blinden Vertrauen in den Schutz durch die USA und von Ausgabenkürzungen. ... Die internationale Lage zwingt uns, diesen Kurs zu überdenken, aber nicht überstürzt und nicht nur, um eine willkürliche Zahl zu erfüllen, die mit der Realität und den Kapazitäten Spaniens nichts zu tun hat. ... Spaniens beispiellose Weigerung lässt einen turbulenten Gipfel erwarten.“
Trumps Wille ist in Europa kein Gesetz
Ex-Brigadegeneral José Enrique de Ayala zeigt sich in eldiario.es beeindruckt:
„Das ist eine mutige Position, und sie muss von allen Spaniern unterstützt werden, unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung. ... Es geht um unsere Souveränität. ... Seit der Nato-Gründung 1949 hat es kein europäisches Land gewagt, den USA zu widersprechen. ... Wenn Spanien jetzt standhaft bleibt und von anderen unterstützt wird, wird es eine Entscheidung versachlichen, die von einer einzigen Person – Donald Trump – ohne Rücksicht auf die Interessen der Betroffenen gefällt wurde. Spanien wird ihm zeigen, dass er nicht tun und lassen kann, was er will, dass sein Wille außerhalb seines Landes kein Gesetz ist und dass Europa ihm nicht ausgeliefert ist.“
Kommt nur Madrid in den Genuss eines "Rabatts"?
La Repubblica warnt:
„Diese 'Ausnahme' wird wahrscheinlich nicht ohne Folgen bleiben. ... Italien und Belgien hatten ebenfalls Zweifel an den neuen Verpflichtungen geäußert, gaben aber schließlich nach. Viele Diplomaten fragen sich nun, wie die 'anderen' den 'Rabatt' akzeptieren werden, der nur für Madrid gilt. Dabei muss man bedenken, dass unser Land [Italien] derzeit 1,3 Prozent des BIP für die Verteidigung ausgibt. Um nur 3,5 Prozent zu erreichen, wären mindestens 30 Milliarden Euro erforderlich.“