Kreta: Bearbeitung von Asylanträgen ausgesetzt

Täglich kommen Hunderte Migranten via Libyen auf Kreta an. Griechenlands Regierung hat nun beschlossen, dass für zunächst drei Monate keine Asylanträge von Bootsflüchtlingen mehr bearbeitet werden. Die Ankommenden sollen "festgenommen und inhaftiert" werden, erklärte Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis. Dazu soll ein Haftlager für Migranten auf Kreta errichtet werden. Die Landespresse ist geteilter Meinung.

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Naftemporiki (GR) /

Eine europäische Angelegenheit

Das Problem betrifft nicht Griechenland allein, betont Naftemporiki:

„Die Migranten wollen nicht nach Griechenland, sondern nach Europa. Griechenland sollte daher das Problem zunächst bei der EU zur Sprache bringen und nicht nur Maßnahmen, sondern auch Sanktionen für Herkunftsländer fordern, die die Rückführung ihrer Bürger nicht akzeptieren. Dann sollte es wirklich geschlossene Strukturen schaffen, die nur in Verbindung mit schnellen Verfahren zur Zurückweisung und Rückführung sinnvoll sind. Da Griechenland Transitland ist, sollten die Flüchtlinge und Migranten andernfalls ohne Registrierung an ihr endgültiges Ziel weiterreisen. Wenn sie sich nicht mehr auf Kreta, sondern in europäischen Städten drängen, wird Europa reagieren müssen. So wie 2015.“

In (GR) /

Am rechten Rand Flagge zeigen

Das Webportal In sieht innenpolitisches Kalkül wirken:

„Die Entscheidungen der Regierung zur Einwanderung beruhen nicht auf der Zunahme der Zahl der ankommenden Asylbewerber, insbesondere auf Kreta – unser Land war in der Vergangenheit mit viel größeren Strömen konfrontiert –, sondern in erster Linie auf dem seit langem angekündigten Bestreben, ein wirklich 'rechtes Gesicht' zu zeigen, das heißt noch mehr von der Rhetorik und Praxis der extremen Rechten zu übernehmen. … Dies ist das Ergebnis einer Politik, die Unmenschlichkeit zur politischen Strategie macht, die im Leiden von Menschen, die einfach nur einen Ausweg aus Armut und Krieg suchen, Wahlgewinne sieht und die Kannibalismus als gesellschaftliches Ethos fördert: Arme Menschen sehen andere arme Menschen als Bedrohung.“

Liberal (GR) /

Eine nötige Maßnahme für den Tourismus

Das Webportal Liberal verteidigt die Entscheidung der Regierung, ein Haftlager auf der Insel zu bauen:

„Was heute gebaut wird, ist praktisch dazu bestimmt, nicht nur heutigen, sondern auch morgigen oder übermorgigen Bedürfnissen zu dienen, die wir für lange Zeit als selbstverständlich ansehen müssen. Deshalb wird eine Umgestaltung der Infrastrukturen und der Verfahren der Insel insgesamt, ihren Bewohnern wie auch ihrem Tourismusprodukt, zugute kommen. Was wollen wir denn? Dass wir immer wieder diese Bilder von Not und Desorganisation sehen, die derzeit in Europa die Runde machen und Touristen von ihrem Besuch abhalten?“