Trumps Ultimatum an Putin: Was ändert das?

US-Präsident Donald Trump hat den Ton gegenüber Russland verschärft. Die Ukraine soll mit von der Nato finanzierten US-Waffen, einschließlich Patriot-Raketen, ausgestattet werden. Und sofern es binnen 50 Tagen keine Einigung zur Beendigung des Krieges gibt, werde Washington Strafzölle in Höhe von bis zu 100 Prozent gegen Russland und dessen Handelspartner verhängen. Was sich durch diese Ankündigungen ändert, analysiert Europas Presse.

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The Irish Times (IE) /

Die gemeinsame Front steht wieder

Trumps Ankündigung bringt die USA wieder auf die Seite des Westens und an die der Ukraine zurück, so The Irish Times:

„Sein Beharren darauf, dass die USA die Waffen nicht bezahlen werden, wird die lautstarke Opposition innerhalb seiner MAGA-Bewegung gegen ein direktes Engagement der USA in diesem Krieg merklich beruhigen. Zudem erschließt Trump so der Verteidigungsindustrie seines Landes eine enorme Geschäftsmöglichkeit. ... Die Europäer und andere westliche Verbündete werden sich durch die Tatsache beruhigt fühlen, dass Trump die USA wieder auf Linie mit Joe Bidens Politik zurückbringt, bei der man gemeinsam gegen Russland Front macht und bei der wieder das traditionelle Engagement der USA für die Nato geachtet wird.“

Sydsvenskan (SE) /

Hoffentlich hält er seine Versprechen

Dass die Ukraine nach Trumps Ankündigung noch nicht aufatmen kann, gibt Sydsvenskan zu bedenken:

„Positiv, wenn sich dies in der Praxis als wahr erweist. Das Problem ist, dass Trumps launisches Verhalten gezeigt hat, dass seine Versprechen von heute am nächsten Tag nicht mehr viel wert sind. ... Für die Ukraine ist es im Grunde egal, woher neue Waffen kommen, solange sie wirklich kommen und so schnell wie möglich geliefert werden. Gleichzeitig kann Trump ein Abkommen vorweisen, von dem die USA profitieren, und neue Erklärungen abgeben, wonach Russland – oder wen auch immer er als Feind des Tages bezeichnet – sich in Acht nehmen sollte.“

Frankfurter Allgemeine Zeitung (DE) /

America First bleibt die Devise

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung sieht kein großes Umdenken bei Trump:

„Das zeigt sich schon daran, dass er die Kosten für die Waffen auf die Europäer abwälzen will. Da bleibt er der 'America First'-Präsident. In Europa wird man tendenziell also noch mehr für Kiew aufbringen müssen, als das bisher schon der Fall war. Diese Einsicht ist noch nicht bei allen Finanzministern auf dem Kontinent angekommen. Und Trump geht es nicht darum, dass die Ukraine 'siegt', wie Biden das forderte. Er will einen Friedensschluss und den Nobelpreis dafür. Ohne erhebliche Zugeständnisse Kiews ist das weiter schwer vorstellbar.“

La Stampa (IT) /

Russlands Offensive geht ungestört weiter

Die lange Frist gibt Putin erst einmal einen Freibrief zum Weitermorden, befürchtet La Stampa:

„Ein weiteres Problem ist die 50-Tage-Frist, die Trump Putin gesetzt hat. ... Mit anderen Worten: Amerika wird es der russischen Armee ermöglichen, den Sommer in vollem Umfang zu nutzen, um die bereits seit Mai laufende Offensive fortzusetzen, in die der Kreml all seine Ressourcen investiert (The Economist schätzt die Zahl der in den letzten zwei Monaten getöteten russischen Soldaten auf 31.000). Im September wird man Bilanz ziehen und erneut über einen Waffenstillstand reden und es ist das Ziel des russischen Diktators, in der ihm verbleibenden Zeit so viel ukrainisches Territorium wie möglich zu besetzen.“

Abbas Galliamow (RU) /

Ausharren, bis Peking Moskau den Rücken kehrt

Die Dauer der Frist könnte ihren Sinn haben, falls Trump auf Russlands Abhängigkeit von China setzt, überlegt Politologe Abbas Galliamow auf Facebook:

„Die von Trump vorgesehenen 50 Tage laufen am 2. September ab. Zu diesem Zeitpunkt wird Putin in China sein. ... Wenn Putin die ukrainischen Abwehrlinien in der bis Anfang September verbleibenden Zeit nicht durchbricht, könnte China zum Schluss kommen, dass er ohnehin nicht mehr lange durchhält und man daher nicht auf Krieg, sondern auf Frieden setzen muss. Dann wird es Trumps Initiative unterstützen oder gar versuchen, die Initiative an sich zu reißen, indem es eigene Friedensvorschläge unterbreitet. Vielleicht setzt Trump gerade darauf. Und damit Putin die ukrainische Verteidigung nicht zufällig durchbricht, hat Trump beschlossen, Kyjiw durch Waffenlieferungen zu ermuntern.“

The Guardian (GB) /

Nur Nato-Intervention kann Putin stoppen

Das westliche Verteidungsbündnis sollte aktiv ins Kriegsgeschehen eingreifen, appelliert The Guardian:

„Die Nato könnte – mit oder ohne Trump – eine härtere Linie fahren, indem sie über der unbesetzten Ukraine eine Flugverbotszone verhängt und anfliegende Raketen und Drohnen abfängt. Die militärische Position ist eindeutig, die rechtlichen und humanitären Argumente unanfechtbar. Russland verletzt häufig die Souveränität der Nato-Nachbarn. ... Wenn die Nato den nötigen Mumm hätte, könnte sie Putin in die Schranken weisen. … Eine Niederlage der Ukraine und eine Einigung zu Putins hegemonialen Bedingungen wären eine Niederlage für den gesamten Westen – ein strategisches Versagen, das eine Ära permanenter, sich ausweitender Konflikte in ganz Europa einläuten würde.“