28 Staaten fordern sofortiges Ende des Gaza-Krieges

In einer Erklärung fordern 28 Staaten – darunter Frankreich, Italien, Großbritannien, Spanien, Kanada, Australien und Japan – ein Ende des Krieges im Gazastreifen. Israel müsse seinen Verpflichtungen nach dem humanitären Völkerrecht nachkommen. Deutschland und die USA haben die Forderung nicht unterzeichnet. Kommentatoren diskutieren, ob der Aufruf sich an den richtigen Adressaten wendet.

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La Vanguardia (ES) /

Klägliche Haltung der EU

In La Vanguardia kritisiert Chefredakteur Jordi Juan die Untätigkeit des Westens:

„Es ist wirklich ermüdend, immer wieder daran erinnern zu müssen, dass die Hamas zwar ein schreckliches Massaker begangen hat, dieser Terroranschlag aber kein Alibi für die Vernichtungskampagne des palästinensischen Volkes sein kann. … Dass es eine Schande ist, dass Menschen getötet werden, während sie auf Essen warten und dass Lebensmittel rationiert werden, um Hunger zur Kriegswaffe zu machen. Und vor allem, dass der Westen unfähig ist, diesen Krieg zu beenden. … Von Donald Trump ist wenig zu erwarten, aber auch die Haltung der EU ist ziemlich kläglich.“

Frankfurter Rundschau (DE) /

Der Kern des Konflikts muss benannt werden

Die Forderung an Israel wäre überzeugender, wenn auch die Hamas ausdrücklich kritisiert würde, so die Frankfurter Rundschau:

„Dann könnte die israelische Regierung eine solche Initiative nicht einfach mit dem Hinweis abtun, die Verantwortlichen des Vorstoßes hätten die Bedrohung Israels nicht verstanden. ... Womöglich wären dann mehr als eine Minderheit in Israel bereit, das Leid der Palästinenserinnen und Palästinenser zu sehen und in einem nächsten Schritt die eigene Regierung zu einem Ende des Krieges und damit zu einem Ende des höllischen Tuns in Gaza zu drängen. Wer den Kern des Konflikts aus den Augen verliert, läuft Gefahr, die ermüdende Spirale der Argumente anzuschieben. Oder hat bereits die Ausweglosigkeit des Konflikts hingenommen.“

Star (TR) /

Islamische Welt darf nicht zuschauen

Star sieht die Verantwortung für das Leid in Gaza nicht nur in der westlichen Welt:

„Im Gazastreifen tötet das von den USA unterstützte Israel einerseits täglich Dutzende Palästinenser auf grausame Weise, andererseits setzt es Hunger systematisch als Waffe gegen zwei Millionen Menschen ein. ... Und die zwei Milliarden Menschen zählende islamische Welt sieht tatenlos zu. ... Die aktuelle Situation ist nicht auf fehlende Mittel oder mangelnde Spenden zurückzuführen. Tausende Tonnen Lebensmittel, Medikamente und andere Hilfsgüter warten außerhalb der Grenze. ... Nicht aufgrund von Mangel, sondern aufgrund der Blockade durch Israel und der Untätigkeit der islamischen Regierungen.“

De Telegraaf (NL) /

Die Hamas ist am Zug

Der Aufruf ist zu einseitig, meint De Telegraaf:

„Der Krieg kann enden, wenn Hamas sich ergibt und die Geiseln freilässt. Seit letzter Woche liegt ein Vorschlag für einen Waffenstillstand auf dem Tisch, der auch zu einem besseren System der Hilfslieferungen in Gaza führen muss. Israel hat die notwendigen Zugeständnisse gemacht und den Vorschlag angenommen. Jetzt ist die Hamas am Zug. Die Erklärung der 28 Länder kommt zu einem heiklen Zeitpunkt in den Verhandlungen, denn eine Reaktion der Hamas blieb aus. Doch jetzt haben die Terroristen die Erklärung schnell begrüßt. Solange der einseitige Druck auf Israel erhöht wird, ist Hamas zufrieden.“

El País (ES) /

Appell könnte Wirkung zeigen

Immerhin einen Funken Hoffnung auf Frieden schöpft El País:

„Es ist Benjamin Netanjahus bedeutendster diplomatischer Rückschlag bisher. ... In ihrer harten Forderung verurteilen die Unterzeichner besonders das, was sie 'die tröpfchenweise Hilfe und das unmenschliche Sterben' nennen. ... Bis jetzt hat Netanjahu seine Politik der totalen Zerstörung nicht im Geringsten geändert. Im Gegenteil, der Likud-Führer hat vor internationalen Justizbehörden die Straflosigkeit zur Schau gestellt. Er ist der Überzeugung, dass nichts an der privilegierten Beziehung Israels zu den entwickelten Ländern etwas ändern würde. Es wird sich zeigen, ob der jüngste Vorstoß einiger von ihnen die Geschichte fruchtloser guter Worte verlängert oder schließlich dazu beiträgt, das Töten von Unschuldigen zu stoppen.“

Corriere del Ticino (CH) /

Der Ton ist unmissverständlich

Es bewegt sich etwas, meint auch Corriere del Ticino:

„Leider befinden wir uns immer noch in der Sphäre der Appelle und kommen nicht weiter. Zumindest aber ist der Ton der 25 Außenminister von den ersten Worten an unmissverständlich: 'Der Krieg in Gaza muss jetzt beendet werden.' ... Wir haben die Abwesenheit Deutschlands erwähnt. Es sei hinzugefügt, dass Bundeskanzler Friedrich Merz gestern das Wort ergriff und darauf hinwies, dass die Aktionen gegen die Zivilbevölkerung in Gaza gegen humanitäre Normen verstoßen, aber auch daran erinnerte, wie wichtig es ist, 'die Türen für den Dialog offen zu halten'.“

Corriere della Sera (IT) /

Eindeutige Verantwortung Israels

Corriere della Sera findet den Aufruf ohne Wenn und Aber berechtigt:

„Es sind nicht nur die unverhältnismäßig hohen Opferzahlen in Gaza oder die unmenschlichen Methoden, mit denen hungernde Menschen auf der Suche nach Nahrung behandelt werden, die den Westen dazu bringen, Netanjahus Krieg nicht mehr zu tolerieren. ... Es ist zwar wichtig, aber nicht entscheidend, ob Menschen, die in der Schlange für Brot stehen, absichtlich oder versehentlich erschossen werden, oder ob es gar nicht israelische Soldaten sind, die schießen. Denn das Land ist in jedem Fall besetzt und wird von den israelischen Streitkräften kontrolliert, und ein unabhängiger Zugang zu den Medien wird verhindert; deshalb ist alles, was dort geschieht, die Unordnung, die dort herrscht, heute in jedem Fall die politische Verantwortung Israels.“

De Morgen (BE) /

Was die EU konkret tun kann

Die EU sollte jetzt vor Ort aktiv werden, fordert De Morgen:

„[EU-Kommissarin für Krisenmanagement Hadja] Lahbib und die EU-Spitzendiplomatin Kaja Kallas könnten vorschlagen, eine humanitäre europäische Mission zu entsenden. ... Die EU unterhält bereits zwei Missionen in den palästinensischen Gebieten, die als Sprungbrett für eine solche Mission dienen könnten. ... Nichts hindert die Kommission daran, vorzuschlagen, die [EU-Mission] EUBAM zu einer vollwertigen humanitären Eingreiftruppe auszubauen. Man könnte ihr auch eine Polizeitruppe zur Seite stellen, mit beispielsweise neutralen europäischen und jordanischen Beamten.“