Frankreich: Rekord-Petition gegen Agrargesetz

Eine von einer Studentin initiierte Petition gegen ein neues französisches Agrargesetz wurde in nur zwei Wochen von bereits 1,7 Millionen Bürgern unterzeichnet und erhöht damit den Druck auf die Regierung. Die 'Loi Duplomb‘ lockert Umweltauflagen für den Pestizideinsatz, unter anderem für Acetamiprid. Die Substanz ist in Frankreich seit einigen Jahren verboten, in allen anderen EU-Ländern jedoch nicht.

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Libération (FR) /

Von wegen Politikverdruss

Libération freut sich über die Mobilisierung der Bürger:

„Sie widerspricht auf spektakuläre Weise dem Gefühl, dass sich die Bürger von der Politik abwenden und das Interesse daran verlieren. Es existiert ein neues partizipatives demokratisches Instrument und die Bürger wenden es an. … Auch beleuchtet sie jene schwierigen Debatten, die das Loi Duplomb lieber unter den Teppich gekehrt hat. … Die wirtschaftlichen Lobbyverbände, insbesondere aus der Agrar- und Lebensmittelindustrie, dachten, sie könnten wie gewohnt im Hintergrund ihre Einflussarbeit leisten. Das ist mächtig schiefgegangen.“

Le Temps (CH) /

Umwelt-Debatte nicht einfach ausblenden

Frankreichs Parlamentarier müssen genauer hinschauen, mahnt Le Temps:

„Die französischen Politiker haben ihre Aufgabe verfehlt, indem sie die Debatte aufgegeben haben, um sich nicht gegen die Landwirte zu stellen, denen das Wasser bis zum Hals steht. Die aktuelle Petition zeigt, dass es Gegner gab und dass eine Debatte darüber zu führen ist, um zu verstehen, ob der Großteil der Franzosen, der sich [bei den Protesten 2024] hinter die Landwirte stellte, auch ihre gesamten Forderungen unterstützte. Wie schon bei den Gelbwesten und ihrem Widerstand gegen die Anhebung der Kraftstoffsteuern oder jüngst bei der Protestbewegung gegen Windräder, die derzeit in französische Gesetzestexte einfließt, wurde 'bestrafender' Umweltschutz zu einem der Angriffspunkte von Frankreichs Rechten und sogar der Mitte-Regierung. Alle glauben, darin ein Wählerreservoir zu sehen.“

Le Point (FR) /

Bedrohung für die Versorgungssicherheit

Die Initiative gefährdet die Versorgungssicherheit, warnt die Geografin und Ökonomin Sylvie Brunel in Le Point:

„Ohne Pflanzenschutzmittel, ohne Wasserreserven, ohne Einsatz von Gentechnik, mit immer zahlreicheren Beschränkungen, immer härteren Kontrollen, höheren Strafen – wie kann die Landwirtschaft da nicht leiden und zusammenbrechen, was uns stärker von Ländern abhängig macht, die nicht die gleichen Gewissensbisse haben? … Wie auch in anderen Bereichen müssen wir für die Landwirtschaft auf Leistungsstärke, Wettbewerbsfähigkeit und Ernährungssicherung setzen: Die Versorgung unserer Großstädte hängt davon ab, ebenso wie der Zugang aller zu Lebensmitteln. Sind sich die Unterzeichner der Petition der ihnen aktuell drohenden Gefahr bewusst?“