Frankreich: Live-Tod eines Video-Streamers

Der 46-Jährige französische Online-Streamer "Jean Pormanove" ist auf der Internet-Plattform Kick bei einem Sadomaso-Livestream gestorben. Er setzte sich Misshandlungen aus, um so Geld zu verdienen. Die Staatsanwaltschaft in Nizza teilte nach der Obduktion des Mannes indes mit, dass sein Tod nicht auf direkte Gewalteinwirkung zurückzuführen sei. Kommentatoren gehen mit einschlägigen Plattformen ins Gericht.

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Le Monde (FR) /

Leid wird zum Spektakel

Internet-Plattformen machen mit Online-Erniedrigungen Geld, analysiert die Soziologin Julie Alev Dilmaç in Le Monde:

„Im Fall von Jean Pormanove wird die Demütigung von allen Beteiligten hingenommen: Sie wird größtenteils von demjenigen akzeptiert, der sie erleidet, von denen, die sie zufügen, gutgeheißen und vom Publikum, das dabei zusieht, beklatscht. Das Leid wird zum Spektakel und dient der Unterhaltung. ... In der digitalen Welt wendet man die Blicke bei Demütigungen einer Person nicht ab, sogar Live-Übertragungen von Todesfällen ziehen die Blicke an. ... Sie dienen nicht nur als Hebel, um 'Aufrufe' zu generieren, sondern auch dazu, Geld einzunehmen, das das Überleben dieser Kanäle sichert. Demütigungen halten Plattformen am Leben – auf Kosten zerstörter Leben.“

Le Quotidien (LU) /

Plattformen verbieten

Le Quotidien ruft die Politik dazu auf, für Ordnung zu sorgen:

„Französische Minister und empörte Abgeordnete traten vor die Kameras, um ihre Entrüstung zum Ausdruck zu bringen, ohne aber den kleinen Finger zu rühren. Wann wird die Straffreiheit endlich ein Ende haben? Kann man diese Plattform nicht einfach verbieten? Man kennt bereits das Argument der 'bestraften' Betreiber: Das sei ein Angriff auf die Meinungsfreiheit. Diese groteske Leier wird immer wieder bemüht, um die schlimmsten Abscheulichkeiten zu verbreiten und diesen Unternehmen zu ermöglichen, sich über das Gesetz zu stellen. Schon ein Blick auf bekannte soziale Netzwerke kann einem manchmal Übelkeit bereiten. Es ist höchste Zeit, für Ordnung zu sorgen.“