Israel greift Hamas in Katar an: Was folgt daraus?
Das israelische Militär hat am Dienstag Gebäude in der katarischen Hauptstadt Doha angegriffen und dabei mehrere Menschen getötet. Eigenen Angaben zufolge wollte man damit die Führungsspitze der radikal-islamistischen Hamas in Katar treffen, die direkte Verantwortung für das Massaker vom 7. Oktober 2023 trage. Das katarische Außenministerium kritisierte den Angriff als "eklatanten Verstoß" gegen internationales Recht. Europas Presse versucht eine Einordnung.
Angriff auf die Friedensverhandlungen
La Stampa schaut auf die Rolle von Katar:
„Mit dem größten amerikanischen Stützpunkt im Nahen Osten, nur wenige Kilometer von Doha entfernt, einem türkischen Verstärkungskontingent, einem riesigen Gasfeld, das es sich mit dem Iran teilt, der mächtigsten Soft Power in der arabischen Welt, dem Fernsehsender Al-Jazeera, und einer unerschöpflichen Geldquelle, um Fußballmannschaften und Zustimmung auf der ganzen Welt zu kaufen, saß Katar, eines der reichsten Länder der Welt, ruhig und gelassen in einem Turm aus Elfenbein und Stahl mitten im Golf. ... Nun ist Katar zu einem neuen Schlachtfeld eines endlosen Stellvertreterkriegs geworden: zum Schauplatz eines direkten Angriffs auf die Vermittler und die Friedensverhandlungen selbst.“
Netanjahu betreibt doppelzüngige Politik
Mit den Bomben auf Katar sprengt Israel auch alle bisherigen Friedensverhandlungen in der Region, analysiert De Standaard:
„Die israelische Regierung hat das Emirat völlig bloßgestellt: Die Bomben auf Doha kommen einer Kriegserklärung gleich. ... Katar erhielt Unterstützung von den anderen Golfstaaten, mit denen Israel 2020 durch die sogenannten 'Abraham-Abkommen' Beziehungen aufgenommen hatte. ... Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu betont gerne, wie er diese Abkommen auf andere arabische Länder ausweiten will, setzt aber mit seiner erbarmungslosen Politik das gesamte Konzept aufs Spiel.“
Bald wird keiner mehr vermitteln können
Selbst das Ziel, seine Beziehungen zu arabischen Staaten zu normalisieren, scheint Israel aufgegeben zu haben, bedauert die Süddeutsche Zeitung:
„Der Angriff vom Dienstag weckt auch bei Katars Nachbarn die Angst davor, dass der Konflikt in ihre Länder kommen kann, dass sie die nächsten Ziele Israels sind. Ihre Wirtschaft basiert auf der Gewissheit, ein sicherer Hafen in einer unsicheren Region zu sein. Damit könnte es nun vorbei sein. Katar hat angekündigt, seine Vermittlungsbemühungen in Gaza erst einmal einzustellen. Ägypten, dem anderen Vermittler, hat Netanjahu in den vergangenen Tagen immer wieder gedroht. Bald ist womöglich niemand mehr da, der noch vermitteln kann. Und auch niemand bei der Hamas, der den Vorschlägen noch zustimmen könnte. Das scheint das eigentliche Ziel Netanjahus zu sein.“
Niemand kann israelischen Premier bremsen
Israel verfolgt seine Ziele bis zum Ende, analysiert Jutarnji list:
„Wenn man eine Lehre aus dieser weiteren überraschenden Aktion Israels in Nahost ziehen kann, so ist es die Erkenntnis, dass Benjamin Netanjahu bis zum Ende geht. ... Die Regierung in Tel Aviv wird nicht stoppen, bis sie das letzte Mitglied der Organisation eliminiert, die am 7. Oktober 2023 das größte Massaker an Juden seit dem Zweiten Weltkrieg begangen hat. In diesem Vorhaben wird sie sich weder davon beirren lassen, dass immer mehr Länder und politische Organisationen angesichts der Brutalität gegenüber den Zivilisten in Gaza schockiert sind. Noch dass Donald Trump und seine Regierung Druck auf sie ausüben, nach zwei Jahren Blutvergießen den Krieg zu beenden.“
Tel Aviv setzt auf Abschreckung
Der Angriff signalisiert den Beginn einer neuen Ära, meint The Daily Telegraph:
„Wenn wir schon nicht geliebt werden können, dann muss man uns eben fürchten. Das ist die Botschaft der zehn israelischen Bomben, die heute im Zentrum der Macht Katars abgeworfen wurden. Wer entschlossen ist, Juden zu töten, für den ist kein Ort auf der Welt sicher. ... Diese spektakuläre Militäroperation läutet in zweierlei Hinsicht eine neue Ära ein. Erstens zeigt sie, dass Israel nun voll und ganz auf Abschreckung setzt, unabhängig davon, was der Westen davon hält. Wenn die Dschihadisten an ihre Tür klopfen, werden die Europäer vielleicht auch noch zur Vernunft kommen. Zweitens demonstriert die Militäroperation ein neues Selbstbewusstsein in Bezug auf Macht.“
Katar gibt Terroristen Asyl
Der in Israel lebende Publizist Dmitri Tschernyschew beschreibt Katar in Facebook als Luxusunterkunft für die Hamas:
„Katar hat den Mördern und Terroristen selbst Asyl gewährt. ... Nachdem die Hamas aus Jordanien und danach aus Syrien verjagt worden war, war es Katar, das der gesamten Spitze dieser Organisation politisches Asyl gewährte. Die Terroristen lebten jahrelang in schicken Hotels und Villen in Katar. Von der Unterstützung von Antisemiten an Universitäten auf der ganzen Welt ganz zu schweigen. ... Ich erinnere daran, dass Saudi-Arabien, Ägypten und Bahrein im Jahr 2017 genau wegen dessen Unterstützung von Terroristen über Katar eine Blockade verhängten.“