Albanien: KI übernimmt Regierungsamt
In Albanien wurde einer KI ein Ministerposten übertragen: "Diella" (albanisch: Sonne), bisher als Volkstracht tragender Avatar eines Chatbots auf Regierungs-Webseiten tätig, soll nun als per Definition objektive und unbestechliche "Ministerin für öffentliche Aufträge" helfen, Korruption zu verhindern. Die Verantwortung für Diella liegt per Dekret bei Premierminister Edi Rama. Die Medien sind geteilter Meinung über diese Innovation.
Ganz ohne die Mängel lebendiger Minister
Tirana probt aus gutem Grund eine Radikallösung gegen Korruption, schreibt der Kommunikationswissenschaftler Reginaldo Rodrigues de Almeida in Correio da Manhã:
„Wenn Minister aus Fleisch und Blut nicht überzeugen, warum es dann nicht mit Binärcode versuchen? Diella verlangt keine Zuschüsse zu Wohnungskosten, keinen Chauffeur und hat vor allem keine Cousins, die einen Posten im Staatsdienst suchen. ... Kritiker sagen, dass die Verfassung keine Minister vorsieht, die nicht persönlich erscheinen können, aber seien wir ehrlich, sie sah auch nicht vor, dass so viele echte, ihrer Verantwortung bewusste Menschen in öffentlichen Ämtern Strafverfahren ansammeln würden.“
Kein KI-Einsatz ohne konkrete Grenzen!
Der Jurist Adolfo Mesquita Nunes weist in Eco auf große juristische Probleme einer KI-Instanz hin:
„Zwischen dem Einsatz von KI als technische Unterstützung und der Übertragung von Entscheidungsgewalt ohne effektive menschliche Vermittlung besteht ein grundlegender institutioneller Unterschied. ... Der Fall Diella zeigt, wie dringend es ist, die institutionellen Grenzen der KI in der öffentlichen Verwaltung zu diskutieren. Wer legt die Kriterien fest? Wer überwacht? Wer haftet für Fehlentscheidungen? Und vor allem: Wie kann sichergestellt werden, dass alle Verwaltungsakte weiterhin begründet, überprüfbar und kontrollierbar sind? Ohne fundierte Antworten auf diese Fragen läuft die Digitalisierung der öffentlichen Entscheidungsfindung Gefahr, nicht Transparenz, sondern das Gegenteil mit einem Anschein von Neutralität zu schaffen.“
An den Strukturen ändert sich nichts
An der allgegenwärtigen Korruption in Albanien dürfte sich durch den KI-Einsatz nicht viel ändern, glaubt die taz:
„Korruption lässt sich nicht allein technisch bekämpfen. KI kann vielleicht auffällige Ausschreibungen markieren – aber nicht die Strukturen ändern, die Korruption am Leben halten. Und sie ist nur so vertrauenswürdig wie die Daten, mit denen sie gefüttert wird. Wo Behörden selbst Teil des Problems sind, wird auch die Technik korrumpiert. Der exzentrische [Ministerpräsident Edi] Rama inszeniert sich gern als Visionär ... . Kritik hingegen verträgt Rama schlecht. Vielleicht setzt er deshalb auf eine KI-Ministerin: Sie tritt nicht eigenständig vor die Öffentlichkeit, erhebt keine Vorwürfe gegen ihn – und lässt sich jederzeit abschalten.“