Tut London zu wenig gegen chinesische Spionage?
Im September waren zwei Briten vom Vorwurf, Staatsgeheimnisse an Peking weitergegeben zu haben, freigesprochen worden. Erst jetzt wurde der Hauptgrund für den Freispruch bekannt: die Weigerung der Regierung, China offiziell als "Gefahr für die nationale Sicherheit" einzustufen – eine Voraussetzung für eine Verurteilung. Kritiker sehen keine juristisch begründete, sondern eine politische Entscheidung.
Man schaut lieber weg
Die britische Regierung unternimmt nicht genug, um das Land vor chinesischer Spionage zu schützen, moniert The Times:
„China – genauer gesagt die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) – ist in unserem Land äußerst aktiv. Sie stiehlt geistiges Eigentum, betreibt Cyberspionage, schüchtert Andersdenkende ein, beschneidet die akademische Freiheit, kauft sich Einfluss, errichtet wirtschaftliche Speerspitzen und spioniert unsere Politik aus. Das Fiasko um die gescheiterte Strafverfolgung zweier junger Männer, die mutmaßlich im Auftrag Pekings Informationen über unsere Politiker gesammelt haben, verdeutlicht, wie schwach und unehrlich die Reaktion jener ausfällt, die uns eigentlich schützen sollten.“
Xi reagiert auf Stärke, nicht Schwäche
Auch The Independent beklagt, dass London sich zu sehr vor Reibungen mit Peking fürchtet:
„Dies erklärt die Unentschlossenheit hinsichtlich Chinas neuer 'Mega-Botschaft' in London, die lächerliche Weigerung, einen Untersuchungsbericht zur China-Politik vollständig zu veröffentlichen – obwohl sich dieser ohnehin schon in den Händen Pekings befinden dürfte – und nun ein juristisches Fiasko, das glücklicherweise zum Teil der letzten Regierung angelastet werden kann. ... Schwäche funktioniert bei Xi Jinping nicht, denn er ist ein Herrscher, der Stärke respektiert. ... Die Aufgabe der Demokratien besteht darin, die ihnen zur Verfügung stehenden Gesetze zur Spionageabwehr mit politischer Entschlossenheit anzuwenden. Bislang hat Großbritannien diese Prüfung nicht bestanden.“