Großbritanniens Haushaltsplan: Mutig oder zu zaghaft?
Die britische Finanzministerin Rachel Reeves stellte am Mittwoch ihre Haushaltspläne vor. Mit einem Mix aus Steuererhöhungen in Höhe von rund 30 Milliarden Euro, mehr Kindergeld und weniger Schulden will die Labour-Regierung von Premierminister Keir Starmer Großbritannien aus der Krise führen. Ihre Haushaltsvorschläge seien "fair, aber notwendig", sagte Reeves. Unter Kommentatoren scheiden sich diesbezüglich die Geister.
Sinnvolle und längst überfällige Schritte
Der Haushalt wird Großbritannien zu einem gerechteren Ort machen, betont The Guardian:
„Die Abschaffung der Begrenzung des Kindergeldes auf zwei Kinder, die Erhöhung der Glücksspielsteuer, das Einfrieren der Bahnpreise und eine Villensteuer sind nicht nur sinnvolle Schritte, sie waren längst überfällig. Ebenso die Unterstützung der Arbeitnehmer und der Umstieg auf saubere Energie, ohne Öl und Gas abrupt aufzugeben. ... Diese Maßnahmen werden das Land zu einem besseren und gerechteren Ort machen.“
Der Sozialismus lässt grüßen
The Daily Telegraph lässt kein gutes Haar an dem Haushaltsplan:
„Er ist ein Sammelsurium aus Galle, Neid und Boshaftigkeit, der unsere Wirtschaft zerstören und unsere Gesellschaft ruinieren wird. Rachel Reeves und Sir Keir Starmer haben einen lupenreinen Sozialismus in einem Land entfesselt, das nie dafür gestimmt hat. ... Es werden nicht nur die Steuern erhöht, sondern es wird Eigentumsrechten und der produktiven Klasse auch der Krieg erklärt. ... Es ist ein entscheidender Moment im Abstieg Großbritanniens in den radikalen Egalitarismus. ... Dies ist der endgültige Tod des Thatcherismus, des britischen Traums, der Idee, dass normale Menschen durch harte Arbeit zu Eigentum gelangen können.“
Der lange Schatten des Brexit
Der EU-Austritt Großbritanniens wirkt noch immer nach, betont The Irish Times:
„Es gibt einen klaren Grund für die schwache Wirtschaftsleistung. Eine kürzlich veröffentlichte Studie des US-amerikanischen National Bureau of Economic Research zum Brexit zeigt, dass die Folgen weitaus negativer sind als selbst die düstersten Prognosen zum Zeitpunkt des Referendums 2016. Die Investitionen, die Produktivität und das BIP-Wachstum im Vereinigten Königreich haben massive Einbrüche erlitten. Fast ein Jahrzehnt nach dem Referendum und fünf Jahre nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU sind die wirtschaftlichen und politischen Kosten des Brexit nur allzu deutlich. Die Hauptverantwortlichen scheinen den politischen Preis dafür nicht zahlen zu müssen.“
Es sieht nicht gut aus
Eldiario.es ist wenig optimistisch:
„Laut dem Amt für Haushaltsverantwortung, eine unabhängige Beratungsbehörde der Regierung, wird keine der Maßnahmen das Wachstum fördern. ... Zwischen sechs und acht Prozent des Wohlstands der letzten zehn Jahre sind durch den Brexit verloren gegangen. ... Nur wenige Politiker vertreten die Ansicht, dass weniger Migranten zu schlechteren öffentlichen Dienstleistungen führen, was wiederum Unmut in der Bevölkerung und den Aufstieg von Populisten zur Folge hat, die Ausländer beschuldigen und Beschränkungen durchsetzen, die das Land weiter schwächen. Einwanderung, Handel und internationale Verbindungen hängen zusammen: ... Das Vereinigte Königreich hat seine Entscheidung getroffen. Es sieht nicht gut aus.“