Frankreich: Sozialhaushalt abgesegnet, und jetzt?
Im Ringen um den Haushalt 2026 ist die französische Regierung unter Premier Sébastien Lecornu einen großen Schritt weiter: Dank eines Kompromisses mit den Sozialisten und trotz Enthaltungen im eigenen Lager verabschiedete die Nationalversammlung mit dünner Mehrheit den sogenannten Sozialhaushalt. Dieser macht zwar einen Großteil des Haushalts aus. Dennoch sind für Europas Presse noch längst nicht alle Hürden genommen.
Längst nicht in trockenen Tüchern
Hoffnungen der Regierung, auch den restlichen Haushalt auf diese Weise verabschieden zu können, hält Ouest-France für vergebens:
„Die Realität ist, dass die Oppositionsparteien für den allgemeinen Haushalt nicht das machen können, was sie für den Sozialhaushalt akzeptiert haben, nämlich dafür stimmen oder sich enthalten. [Ex-Präsident] François Hollande hat es Dienstagmorgen am Mikrofon von RTL wiederholt: Um das Spektakel zu beenden, muss der Premier den Verfassungsartikel 49.3 anwenden [und die Abstimmung umgehen]. Dieser wurde als Ausweg aus genau solchen unlösbaren Situationen konzipiert. Sébastien Lecornu hat zwar (auf Verlangen der Linken hin) versprochen, diesen nicht zu nutzen, aber manchmal kennt Not kein Gebot.“
Alle wollen sich für 2027 in Stellung bringen
Warum Einigungen so schwer zu erzielen sind, erklärt Paris-Korrespondentin Floor Bouma in NRC:
„Über all den Auseinandersetzungen und Schwierigkeiten bei der Verabschiedung eines neuen Haushalts schwebt ständig der Schatten von 'deux mille vingt-sept': der Präsidentschaftswahl im April 2027. Macron darf nicht mehr antreten und hat noch keinen klaren Nachfolger. Das führt dazu, dass alle Parteien sich profilieren wollen und noch weniger zu Zugeständnissen bereit sind – wobei auch eine Rolle spielt, dass Macron besonders unbeliebt ist.“
Weiterentwicklung der Parlamentskultur
Das Land übt sich im Schmieden von Kompromissen, freut sich hingegen Le Monde:
„Ein Scheitern wäre ein schlechtes Signal gewesen, fürs Parlament – das seine Unfähigkeit, Mehrheiten hervorzubringen, und somit potenziell seine Nutzlosigkeit gezeigt hätte – und die repräsentative Demokratie, die zunehmend unter Beschuss steht. ... Kann dieser schmerzhafte Kompromiss als Anleitung dienen für das, was noch ansteht auf einer möglicherweise dauerhaft zersplitterten politischen Bühne? ... Möglicherweise kann diese nach den Worten von Haushaltsministerin Amélie de Montchalin 'demokratische Erfahrung' dazu beitragen, die französische Parlamentskultur weiterzuentwickeln oder sogar auf künftige 'Koalitionsverträge' vorzubereiten, wie sie bei einigen unserer Nachbarn normal sind.“