Alexis Tsipras ein Jahr an der Macht

Mit dem Versprechen, der Sparpolitik in Griechenland ein Ende zu setzen, gewann die linke Syriza vor einem Jahr die Parlamentswahl. Heute hat Premier Alexis Tsipras viele Auflagen und Reformen der Kreditgeber umgesetzt. Kommentatoren ziehen eine kritische Bilanz.

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Kathimerini (GR) /

Griechen von Verblendung geheilt

Nach einem Jahr Tsipras-Regierung dürften die Griechen jetzt gemerkt haben, dass es keine Wunderheilung für ihr Land gibt, meint die konservative Tageszeitung Kathimerini:

„Diejenigen, die glaubten, dass sich eine neue Form des Regierens durchsetzen würde, mussten mit ansehen, wie die Regierung Tag für Tag den althergebrachten und schlimmsten Mustern des griechischen politischen Systems folgte. ... Es gab auch jene, die glaubten, dass die Regierung einen blindwütigen Konflikt mit den Partnern und Kreditgebern gewinnen würde. Doch diese Annahmen haben sich als falsch erwiesen. ... Vielleicht ist dies die beste Lehre aus den Erfahrungen mit der Regierung Syriza: dass die Griechen verstehen, dass es keine einfache, magische und angeblich revolutionäre Lösung für ihre Probleme gibt. Ohne einen Plan, ohne Konsens und harte Arbeit wird das Land nicht in der Lage sein, sich aus dem Schlamassel zu ziehen.“

Le Figaro (FR) /

Kreditgeber müssen Athen überwachen

Tsipras hat seine Versprechen gegenüber den Kreditgebern auch ein Jahr nach seiner Amtsübernahme noch nicht erfüllt, bilanziert die konservative Tageszeitung Le Figaro und begegnet dem Premier mit Misstrauen:

„Reformen bleiben weiterhin notwendig, denn Griechenland hat seinen Verbleib in der Eurozone noch nicht verdient. Der junge Premier agiert jedoch doppelzüngig, da er seinem Parlament im Namen der EU politische Maßnahmen unterbreitet, die er angeblich missbilligt. Er ist weit davon entfernt, der Korruption ein Ende zu setzen, zumal er seinen eigenen Nepotismus durch die Vergabe von ausgewählten Posten an eigene Vertraute hinzugefügt hat. Hinzu kommt seine Passivität hinsichtlich des Flüchtlingsstroms: Nur einer von fünf vorgesehenen Hotspots zur Registrierung der Flüchtlinge ist auf der Insel Lesbos eröffnet worden. ... Dieser explosive Cocktail erfordert eine strenge Überwachung und ein politisches Fingerspitzengefühl, welches bislang nicht die Stärke der europäischen Troika und des IWF war. “