Was trieben jugoslawische Agenten in der BRD?

Das Münchner Oberlandesgericht hat am Mittwoch die ehemaligen jugoslawischen Geheimdienstler Josip Perković und Zdravko Mustac zu lebenslanger Haft verurteilt. Sie sollen mitschuldig sein am Mord eines kroatischen Dissidenten im Juli 1983. Aufgeklärt ist die Jagd des jugoslawischen Geheimdienst auf Dissidenten in Deutschland damit aber noch lange nicht, glauben Journalisten.

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Süddeutsche Zeitung (DE) /

Mitschuld deutscher Behörden bleibt ungeklärt

Die Mörder des kroatischen Dissidenten wurden zwar verurteilt, aber die fast zwei Jahrzehnte andauernde Mordserie auf deutschem Boden ist bis heute nicht aufgearbeitet, kritisiert die Süddeutsche Zeitung:

„Deutsche Sicherheitsbehörden wussten allem Anschein nach, dass der jugoslawische Geheimdienst hier Dissidenten jagte. Frage also: Warum sahen sie zu? Und bestärkte das die Mörder noch? Vor dem Münchner Oberlandesgericht ist jetzt ein Mord aus dieser Serie exemplarisch aufgearbeitet worden. Dabei hat sich die Bundesanwaltschaft aber als Vertreterin eines Staates gezeigt, der wenig Interesse an der Aufklärung eigener Verfehlungen hat. Angeklagt war natürlich nicht der deutsche Staat, angeklagt waren zwei kroatische Ex-Geheimdienstler, deren Verteidiger auch nicht so abgebrüht waren, die deutschen Ankläger auf ihr auffälliges Schweigen anzusprechen. Und die Nebenklage war schon dankbar, dass überhaupt noch angeklagt wurde nach so langer Zeit.“

Novi list (HR) /

Urteil soll deutsche Verstrickungen vertuschen

Die Zeitung Novi list vermutet hinter dem Urteil auch ein Ablenkungsmanöver von deutscher Seite:

„Was hat Deutschland 1983 nur daran gehindert, diese Liquidatoren vor Gericht zu bringen? Warum hat der souveräne und mächtige Staat keine Protestnote nach Belgrad geschickt, seinen Botschafter abberufen und das kommunistische Jugoslawien vor den UN des internationalen Terrorismus beschuldigt? ... Ja, wir, aber genauso auch die Deutschen, sollten die Archive öffnen und untersuchen, wie und warum die Geheimdienste zusammenarbeiteten. Warum hätte der BND einem jugoslawischen Dissidenten helfen sollen, wenn er nicht als Mitarbeiter auf seiner Gehaltsliste stand? Und wer weiß, wer in diesem Fall noch auf der Liste des BND steht. Es ging bei diesem Urteil nicht darum, den Mord an Đureković ad acta zu legen. Vielmehr sollten Hände und Gewissen der Großmacht Deutschland reingewaschen werden von seiner geheimen Zusammenarbeit mit Titos sozialistischem Jugoslawien hinter dem Eisernen Vorhang.“