Muss die EZB der Inflation entgegensteuern?

Unerwartet ist die Teuerungsrate in der Eurozone im Dezember deutlich gestiegen. Wie das Statistikamt Eurostat am Mittwoch mitteilte, lagen die Verbraucherpreise um 1,7 Prozent höher als vor einem Jahr. Das ist die höchste Inflationsrate seit September 2013. Einige Journalisten fordern deshalb ein Ende der lockeren Geldpolitik der EZB. Für andere hätte dies katastrophale Folgen.

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Neue Zürcher Zeitung (CH) /

Schluss mit billigen Euros

Der steigenden Inflation in der Eurozone muss die EZB mit einem Kurswechsel begegnen, fordert die Neue Zürcher Zeitung:

„Angesichts dieser Entwicklung erscheint die extrem expansive Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) zusehends fragwürdiger. So hat die EZB noch im Dezember ihr milliardenschweres Anleihekaufprogramm ohne erkennbare Not weiter ausgedehnt, um die Inflation näher an das mittelfristige Ziel von knapp 2 Prozent zu bringen. Das Programm, das eigentlich im März hätte auslaufen sollen, wird bis mindestens Dezember 2017 verlängert. Die Finanzmärkte werden also noch stärker geflutet, und die Staaten werden bei ihrer Schuldenpolitik noch stärker subventioniert. ... Leidtragende dieser unseligen Geldpolitik, die seit viel zu langer Zeit vor allem eine Politik der indirekten Staatsfinanzierung ist, sind nicht zuletzt die Sparer. Deren Guthaben werden nun nicht mehr nur durch rekordtiefe Nominalzinsen, sondern auch durch steigende Inflationsraten entwertet.“

Avvenire (IT) /

EZB darf sich Berlin nicht beugen

Im Interesse Italiens warnt Avvenire vor einer Kursänderung der EZB:

„Zweifelsohne werden dies die deutschen Sparer fordern, für die die nominalen Niedrigzinsen, vereint mit einer kräftig wachsenden Inflationsrate, jetzt und auch in Zukunft einen spürbaren Verlust des realen Werts ihres Reichtums bedeuten. ... Dies dürfte Angela Merkel dazu bewegen, all ihre politische Macht einzusetzen, um der expansiven Geldpolitik einen Riegel vorzuschieben. Sollte derweil in Italien die Deflationstendenz anhalten, besteht die Gefahr, dass die realen Schuldenzinsen steigen, während der Beruhigungseffekt auf die nominalen Zinsen, der den Anleihekäufen der EZB zu verdanken ist, schwächer werden oder ausbleiben würde. Es zeichnet sich somit ein neuer Test für die Unabhängigkeit der EZB und für ihre Autonomie von Berlin ab. Wird die EZB im durchschnittlichen Interesse aller Länder des Euroraums handeln oder beugt sie sich dem Interesse der führenden Wirtschaft des Euroraums, Deutschland?“