Was bringt ein Referendum über Korruption?

Das Parlament in Bukarest hat am Montag einstimmig ein Referendum gebilligt, bei dem sich die Rumänen zur Zukunft des Kampfs gegen Korruption äußern sollen. Der Vorschlag kam von Präsident Klaus Johannis als Antwort auf die Proteste gegen die Regierung, die das Vorgehen gegen Korruption massiv einschränken wollte. Für rumänische Medien ist die Abstimmung jedoch nicht der Schlüssel zur Lösung des Konflikts.

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Deutsche Welle (RO) /

Der Teufel steckt im Detail

Es wird nicht leicht werden, die richtige Frage für die Abstimmung zu finden, meint der Rumänische Dienst der Deutschen Welle:

„Beim Referendum, wie es jetzt angekündigt ist, besteht das Risiko im eigenen naturgemäßen Grundkonsens. Theoretisch ist die ganze Welt dafür, dass Korruption bekämpft wird, denn Korruption steht ja im Allgemeinen für das Böse schlechthin. … Deshalb haben die Parlamentskommissionen die Initiative des Präsidenten auch einstimmig befürwortet. Man kann eben nicht gegen etwas Positives an sich sein. ... Nun besteht die Aufgabe des Präsidenten und seines Beraterteams darin, eine Frage zu formulieren, die das Gute genau abbildet, die aber auch eine Chance zu einer wirklichen Wahl gibt. Denn andernfalls wird einem das Referendum schnell überflüssig vorkommen.“

Jurnalul National (RO) /

Volksentscheid ist das falsche Mittel

Auch die regierungsnahe Tageszeitung Jurnalul National hat ihre Probleme mit der Fragestellung des Referendums:

„Nicht den Kampf gegen Korruption als Hauptweg zur Gesundung der Gesellschaft kritisieren die Rumänen, sondern nur seine parteiische und voreingenommene Art und die unkorrekten Maßnahmen, die immer öfter zur Anwendung kommen. Und sie kritisieren ebenso den Stempel, den das Zweiergespann aus [Antikorruptionsbehörde] DNA und [Geheimdienst] SRI dem Ganzen ausschließlich aufdrückt. Deshalb sollten wir nicht über die Notwendigkeit des Antikorruptionskampfes diskutieren und in einem Referendum entscheiden. Diese Frage im Referendum könnte nur Zustimmung bei den Rumänen erzeugen. Eine Zustimmung, die den am Antikorruptionskampf Beteiligten ein Gefühl von Legitimität verschafft und sogar die willkürlichen Praktiken der Diktatur aus DNA und SRI verstärkt.“

Deutsche Welle (RO) /

Akzeptanz von Korruption könnte sinken

Ein Referendum über den Antikorruptionskampf könnte die Mentalität der Rumänen verändern, meint die Deutsche Welle:

„Niemandem, der Rumänien beobachtet, ist entgangen, dass der 'Antikorruptionskampf' im Land als juristischer Mechanismus verstanden wird und nicht als Prozess moralischer Natur, weil er einst von ausländischen Kräften [im EU-Beitrittsprozess] initiiert wurde. ... Das ist auch einer der Gründe, warum die Wähler bis heute vorbestrafte Politiker wählen. ... Die Aktion von Präsident Johannis, ein Referendum zum Thema abzuhalten, könnte aus dem Kampf gegen Korruption einen einheimischen Bezugspunkt machen, der bislang fehlte. Natürlich hat sich in den vergangenen 15 Jahren eine Reihe von Rumänen für einen erbitterten Kampf gegen Korruption eingesetzt, doch aus komplizierten psychologischen Gründen haben das nicht alle getan. Eine Volksabstimmung, die das Thema in den Mittelpunkt des öffentlichen Bewusstseins rückt, wäre begrüßenswert.“

Contributors (RO) /

Parlamentsdebatte besser als Referendum

Kein Referendum, sondern eine ehrliche Debatte im Parlament über die Begnadigung korrupter Politiker fordert der Politikexperte Sorin Ionita in Contributors:

„Die Möglichkeit eines Referendums als direktes Konsultationsinstrument wird völlig überbewertet - zumal in einer so oberflächlichen und hysterischen Epoche, die von Fake News dominiert wird. … Was man von den aktuellen Machthabern fordern sollte, ist, dass sie bei diesem komplizierten und sensiblen Thema das Parlament konsultieren. ... Dadurch gäbe es eine ernsthafte Debatte und Zeit, um Kompromisse zu finden. Wäre es nicht das Normalste der Welt, zumal die kollektive Begnadigung mit einem Mal das wichtigste Problem des Landes wurde, das vor einem Monat für die heutigen Anführer noch nicht einmal existierte? Was könnte stärker einen vernünftigen Kompromiss zwischen beiden Seiten ermöglichen, als eine Parlamentsdebatte zu dem Thema?“