20 Jahre Euro: Segen oder Fluch?

Vor 20 Jahren wurde der Euro als Buchgeld zum gesetzlichen Zahlungsmittel, drei Jahre später konnte damit auch bar bezahlt werden. Die europäische Schuldenkrise stellte den Euro auf eine harte Probe. Kommentatoren blicken mit gemischten Gefühlen auf die Zukunft der Gemeinschaftswährung.

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Welt (DE) /

Gemeinsame Währung braucht Homogenität

Gemessen an den großen Hoffnungen, fällt die Bilanz der Gemeinschaftswährung ziemlich ernüchternd aus, meint Die Welt:

„Zwar hat sich das Versprechen der Gründerväter erfüllt, dass der Euro-Klub rasch wachsen werde. Doch genau darin liegt auch eines der großen Probleme. Die gemeinsame Währung verbindet mittlerweile 19 höchst unterschiedliche Länder, die wirtschaftlich und kulturell nicht zusammenpassen. ... Doch der Euro kann nur funktionieren, wenn sich alle an die gemeinsamen Regeln halten und die Mitgliedsländer einigermaßen homogen aufgestellt sind und ungefähr im Gleichschritt wachsen. Zu große Ausreißer nach oben oder unten darf es in einer Währungsunion nicht geben, sonst wird es schwierig, das Haus zusammenzuhalten. ... Weitere 20 Jahre des Herumlavierens wird der Euro nicht überstehen.“

Les Echos (FR) /

Bollwerk gegen den Populismus

Der Euro ist zu einer unerwarteten Erfolgsgeschichte geworden, meint Les Echos:

„Wer hätte sich vorstellen können, dass die gemeinsame Währung, die damals als Produkt einer verhassten Technokratie verschrien war, zum stabilsten politischen Abwehrmechanismus der vom Populismus bedrohten EU werden würde? Der Euro - es sei ihm gedankt dafür - ist der schlimmste Alptraum von Marine Le Pen oder Matteo Salvini. Er ist der Deich, an dem sich unvermeidlich ihr widerlicher nationalistischer Diskurs bricht. ... Genau dieser Erfolg erlegt dem momentanen europäischen Führungspersonal eine schwere Verantwortung auf. Nämlich die Verantwortung, das von ihren Vorgängern begonnene Werk zu vollenden.“

Sme (SK) /

Nächste Eurokrise ist programmiert

Die Stabilität des Euro ist weiterhin bedroht, kommentiert der frühere slowakische Finanzminister Ivan Mikloš in Sme:

„Nach den Italienern war jetzt der französische Finanzminister in Brüssel, um eine Erhöhung des Defizits auf 3,2 Prozent auszuhandeln - als Folge der Gelbwesten-Proteste. Der Euro ist zu stark für den schwachen Süden und zu schwach für den starken Norden. ... Die Mehrheit der Analysten erwartet in einem oder zwei Jahren eine globale Rezession. Hinzu kommt die Gefahr drohender Handelskriege. Für die Eurozone wird das ein Kampf auf Leben und Tod. Wenn sie überlebt, dann bestimmt nicht in der ursprünglichen Art. Der Schlüssel liegt in zwei Dingen: in den Ergebnissen der EU-Wahlen und im Erfolg der Reformen Macrons. Wir stehen vor interessanten Zeiten.“