Michael Jacksons Musik auf dem Index

Als Reaktion auf eine TV-Doku und die Kommentare ihrer Hörer haben nach dem norwegischen Rundfunk auch kanadische Radiosender angekündigt, zunächst keine Musik von Michael Jackson mehr zu spielen. Im US-Fernsehen lief vor einigen Tagen die Dokumentation Leaving Neverland. In ihr berichten zwei Männer, dass sie als Kinder von Jackson sexuell missbraucht wurden. Ist seine Musik noch mit gutem Gewissen hörbar?

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Habertürk (TR) /

Uns Fans hat er noch immer fest im Griff

Oray Eğin, Kolumnist bei Habertürk und langjähriger Michael-Jackson-Fan, ist erschüttert, wie sehr er an die Unschuld seines Idols glauben will:

„Ich weiß nicht, ob die Kinder die Wahrheit sagen. MJ könnte all das, was sie behaupten, getan haben. Er könnte aber auch, wie er von sich behauptete, der unschuldige Peter Pan sein, der bei diesen Kindern seine eigene Kindheit fand, die er nie ausleben durfte. Weil eine der beiden Parteien nicht mehr am Leben ist, werden wir die Wahrheit niemals erfahren. Doch nicht das ist es, was mich an dieser Geschichte stört. Was mich stört, ist die große Macht, die Michael Jackson über uns alle ausübt, und die Herrschaft, die er dadurch erlangt. Diese Macht kann jeden lenken und zu ungewollten Handlungen verleiten. Das ist es, was mir besonders Angst macht.“

Politiken (DK) /

Kunst ist perfekt, ihre Schöpfer sind es nicht

Eine differenzierte Blickweise empfiehlt Politiken:

„Die Kunst ist perfekter als der Künstler, und sie darf niemals als simples Abbild ihres Schöpfers aufgefasst werden. Deshalb ist die Wahl unserer Bücher, Filme oder Musik nicht einfach. Es ist eine individuelle Gewissensfrage, die andere nicht beschämen sollte, so wie wir auch nicht lauthals die Einkäufe anderer Menschen an der Kasse verurteilen dürfen. Die Musik Michael Jacksons zu hören, darf deshalb nicht allein als Unterstützung eines verdorbenen Menschens verstanden werden. Sie bringt uns auch zu der Erkenntnis, dass das Perfekte sehr wohl von unperfekten Menschen geschaffen werden kann. Diesen Spielraum müssen wir der Kultur zugestehen.“