USA vs. China: Frieden im Handelskrieg?

Die USA und China haben sich bei Verhandlungen in London auf einen Rahmen für eine Einigung im Handelsstreit verständigt. Laut US-Präsident Trump sollen in Zukunft in den USA Zölle von 55 Prozent auf chinesische Importe und in China 10 Prozent auf US-Waren gelten. Gegenseitige Exportbeschränkungen für Seltene Erden und High-Tech-Produkte sollen ebenfalls zurückgenommen werden. Die Medien bewerten den Deal.

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Corriere della Sera (IT) /

Ende des Goldenen Zeitalters

Die Ära des globalisierten Freihandels ist vorbei, stellt Corriere della Sera fest:

„Große US-Banken gehen davon aus, dass die Zölle bis Ende des Jahres durchschnittlich 15 Prozent betragen könnten (mit Ausnahmen für einige wenige Sektoren wie Stahl). Das ist viel weniger als die schrillen Drohungen, die am 2. April, dem 'Tag der Befreiung', ausgerufen wurden. Aber es ist immer noch sechsmal mehr als das Ausgangsniveau, das bei Zöllen von durchschnittlich 2,5 Prozent lag. Es gibt kein Zurück ins Goldene Zeitalter der offenen Grenzen, für die es zumindest in den USA keinen gesellschaftlichen Konsens gibt. Waffenruhen und Kompromisse werden zudem von Machtverhältnissen und auf den Tisch gelegten Gegenleistungen bestimmt werden.“

Handelsblatt (DE) /

Pekings Waffe bleibt geladen

Der China-Korrespondent des Handelsblatts, Martin Benninghoff, sieht keine Anzeichen für eine dauerhafte Entspannung:

„Chinas mantraartig vorgetragene Drohung, den USA und dem Westen die seltenen Erden abzuschneiden, bleibt ... bestehen. ... Man muss also kein Pessimist sein, um vorherzusagen, dass die Spannungen zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt bald wieder zunehmen werden. Beide Staaten manövrieren sich in eine weitgehende Blockbildung und gegenseitige Abgrenzung hinein – Entkopplung statt Einvernehmen. Vor allem die chinesische Staatsführung hat sich festgelegt. ... Die Waffe der seltenen Erden liegt nun weiter geladen auf dem chinesischen Tisch. Bis zur nächsten Drohung.“

IQ (LT) /

Rohstoffe bleiben ein Hebel gegen den Westen

Strukturelle Abhängigkeiten, wie sie der Wirtschaftswissenschaftler Matas Laukevičius in IQ bei Seltenen Erden beschreibt, bleiben bestehen:

„Derzeit fördert China rund 70 Prozent dieser Metalle und verarbeitet bis zu 90 Prozent der weltweiten Menge. Diese dominante Stellung in der Lieferkette ist zu einem geopolitischen Instrument geworden. Seit der Verschärfung der chinesischen Exportstrategie mehren sich auf den Weltmärkten Anzeichen eines Rohstoffmangels. ... Das Thema gewinnt sowohl in industrieller als auch in sicherheitspolitischer Hinsicht an Bedeutung. Die wachsenden Risiken zeigen sich etwa bei der US-Autoindustrie: Ford musste die SUV-Produktion im Werk Chicago kürzlich wegen Magnetmangels vorübergehend stoppen.“

La Repubblica (IT) /

Annullierung von Zöllen ist utopisch

Für die EU bedeutet die Einigung, dass sie sich in Zukunft auf Zölle im europäischen US-Handel einstellen muss, gibt La Repubblica zu bedenken:

„Das auf der Achse Washington-Peking unterzeichnete Protokoll wurde von den europäischen Beamten, die mit dem Weißen Haus verhandeln, sofort unter die Lupe genommen. Vor allem, um zu verstehen, ob der gleiche Weg auch in Brüssel beschritten werden kann. Es wird also von einer Art Beibehaltung des derzeitigen Status quo ausgegangen. Allerdings in dem Wissen, dass der Waffenstillstand zwischen Trump und Xi gleichzeitig auch eine fast unmittelbare Konsequenz für Europa mit sich bringt: Der europäische 'Null-für-Null'-Vorschlag, der eine weitgehende gegenseitige Aufhebung von Zöllen vorsieht, ist überholt.“