Verhängt Tirol zu Recht Fahrverbote?

Tirol hat Wochenend-Fahrverbote auf Landstraßen entlang der Autobahn Richtung Italien verhängt. Landeshauptmann Günther Platter erklärte, damit in der Ferienzeit Bevölkerung und Gäste in den Dörfern entlasten zu wollen. Bayerns Regierung reagierte empört, das ebenfalls CSU-geführte Bundesverkehrsministerium will nun gegen Österreich klagen.

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Süddeutsche Zeitung (DE) /

Lösung liegt auf der Schiene

Das eigentliche Problem sind gar nicht die Urlauber, gibt die Süddeutsche Zeitung zu bedenken:

„Viel stärker fällt der ganzjährig rollende Güterverkehr ins Gewicht. Den traktiert Tirol seit geraumer Zeit mit Blockabfertigungen an der Grenze, was zu langen Lastwagenstaus und zu Protesten christsozialer Verkehrspolitiker in Berlin und München führt. ... Die Lösung dafür kann nur auf der Schiene liegen. Wenn wohl in zehn Jahren der Brennerbasistunnel fertig ist, wird es in Deutschland noch lange keine leistungsfähigen Zulaufgleise geben, weil Bahn und Politik das Projekt verschlafen haben. Da wären Entscheidungen gefragt, statt wie Bayerns Ministerpräsident nun wegen [Landeshauptmann] Platters Straßensperren nach Richtern zu rufen. Die haben der CSU ja gerade ihre auch recht unfreundliche Ausländermaut um die Ohren gehauen.“

Wiener Zeitung (AT) /

Binnenmarkt ist kein Freifahrtschein

Weil Österreich anders als Deutschland massiv in Infrastruktur und Bahnausbau investiert, darf es überlastete Straßen sperren, argumentiert die Wiener Zeitung:

„Dieser finanzielle Einsatz gibt Österreich das politische Recht, von den Quellstaaten des Transitverkehrs einen zumindest adäquaten Einsatz zu fordern. Notfalls eben auch mit bewusstseinsfördernden Akutmaßnahmen wie Blockabfertigungen und Straßensperren. Unter den Voraussetzungen, dass diese mit dem EU-Recht konform gehen. Der Binnenmarkt bedeutet nun einmal keinen Freifahrtschein. Und falls er doch als solcher interpretiert werden sollte, hat Europa ein viel größeres Problem als einige gesperrte Landesstraßen im Tiroler Inn- und Wipptal.“