Brexit: Wie geht es weiter mit Nordirland?

Seit dem Antritt Boris Johnsons als britischer Premier wächst der Widerstand gegen seinen harten Brexit-Kurs in Schottland und Nordirland. Die nordirische katholische Nationalisten-Partei Sinn Féin brachte gar die Wiedervereinigung mit Irland ins Spiel, damit Nordirland in der EU bleiben könne. Irische Kommentatoren sehen bereits einen neuen Staat entstehen.

Alle Zitate öffnen/schließen
Irish Independent (IE) /

Keltischer Großstaat könnte entstehen

Sollten sich Nordirland und Schottland nach dem Brexit von Großbritannien lossagen, könnte das zur Geburtsstunde einer neuen keltischen Union werden, analysiert The Irish Independent:

„Die Annäherung wäre ein schrittweiser Prozess, zunächst vermutlich auf die kulturelle Ebene beschränkt. Doch wenn es eine Entwicklung hin zu einer politischen Union gäbe, könnte Nordirland die wirtschaftliche Unterstützung Schottlands, Irlands und der EU erhalten. Die Isle of Man, ein britischer Kronbesitz, dem das Recht verweigert wurde, beim Brexit-Referendum 2016 mitzustimmen, könnte ebenfalls eingeladen werden, einer solchen Konföderation keltischer Staaten beizutreten. Sie könnte Celtonia genannt werden. ... Rechnet man Landfläche und Hoheitsgewässer zusammen, würde es sich bei Celtonia um einen der größten EU-Staaten handeln.“

The Irish Times (IE) /

Engländer würden Nordiren nicht nachtrauern

Für den Brexit wäre die Mehrheit der Engländer bereit, Nordirland und Schottland ziehen zu lassen, glaubt The Irish Times:

„Es wird wohl weniger so sein, dass Nordirland das Vereinigte Königreich verlässt, sondern vielmehr, dass Nordirland und Schottland von England abgestoßen werden. Der irische Nationalismus stellte es stets so dar, dass der hinterhältige Engländer unter allen Umständen die sechs Grafschaften Nordirlands als großen Preis behalten wolle und dazu gezwungen oder überredet werden müsste, diese aufzugeben. Das war nie wirklich so, doch nun ist es offensichtlich und nachweislich falsch. Jede Umfrage unter Brexit-Unterstützern und Mitgliedern der Tories in den vergangenen drei Jahren hat gezeigt, dass diese keine Unionisten sind. Sie wollen den EU-Austritt, und wenn diesem die britische Union zum Opfer fällt, dann sei's drum.“