Wiederaufbau von Notre-Dame - aber wie?

Frankreichs Präsident Macron hat sich der Beratungskommission angeschlossen, die sich für eine Rekonstruktion des Vierungsturms von Notre-Dame ausspricht. Nach dem Brand im April 2019 hatte er für eine zeitgenössische Lösung plädiert – doch die meisten Franzosen wünschen sich laut Umfragen die Kathedrale in ihrem Zustand vor der Katastrophe zurück. Nach wie vor scheiden sich die Geister an dem Thema.

Alle Zitate öffnen/schließen
Le Parisien (FR) /

Ein einigendes Symbol kehrt zurück

Le Parisien ist erleichtert über Macrons Kehrtwende:

„Eine weise Entscheidung, denn vermutlich beschleunigt sie den Wiederaufbau dieses gotischen Meisterwerks, dieses grandiosen Symbols Frankreichs. Der Einsturz seines am 15. April 2019 von den Flammen verschlungenen Vierungsturms wurde von vielen als Trauma erlebt, das großes Unheil ankündigt. In diesen stürmischen Zeiten, in denen die Geschichte zu oft als Vorwand für Spaltungen benutzt wird, haben wir hier ein Bauwerk, das eint und befriedet. Egal, ob man gläubig ist oder nicht, in Paris oder in der Provinz lebt, Franzose oder Ausländer ist - Notre-Dame hat den Unwettern, den Revolutionen, den Invasionen standgehalten. Wenn doch schon 2024 wäre und die Kathedrale wieder in ihrem vollen Glanz und in ihrer ganzen ewigen Magie erstrahlen würde!“

La Croix (FR) /

Erinnerung an Brand wachhalten

Enttäuscht darüber, dass die Brandkatastrophe keinen architektonischen Ausdruck finden soll, zeigt sich hingegen die katholische Zeitung La Croix:

„Identisch wiederaufbauen - in der Geschichte der Baudenkmäler ist das ein recht junger Gedanke. Der Grundsatz, 'dass man historische Bauwerke im letzten bekannten Zustand restauriert', ist in der Charta von Venedig von 1964 festgeschrieben. … Allerdings sollten wir das Identische nicht verabsolutieren. Die Pariser Kathedrale hat mit dem Brand ein Ereignis erlebt, das ihre Geschichte auf immer prägen wird. Dies muss durch ein einfaches, pathosbefreites architektonisches Merkmal in der Erinnerung wachgehalten werden. ... Umsetzen könnte man dies durch eine Glaswand am Fuß des Vierungsturms von Viollet-le-Duc, die das Licht bis nach unten ins Querschiff durchdringen lässt, als Erinnerung an die danteske Nacht, in der der Dachstuhl eingestürzt ist.“