Portugal streicht das Wochenende

Seit Montag sind in Portugal neue Corona-Maßnahmen in Kraft. Zwischen 23 und 5 Uhr müssen die Menschen zu Hause bleiben, am Wochenende gilt sogar schon ab 13 Uhr. Mit dem weichen Lockdown will die Regierung die steigenden Infektionszahlen eindämmen und gleichzeitig Wirtschaft und Alltag am laufen halten. In Portugals Medien macht sich Empörung bis hin zu Sarkasmus breit.

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Público (PT) /

Wir brauchen doch noch Zeit zum Leben

Público ist empört darüber, dass nach einer harten Arbeitswoche auch noch das Wochenende gestohlen wird:

„Wir wissen, dass Opfer gebracht werden müssen und es gibt verschiedene Möglichkeiten. Aber man kann nicht tolerieren, dass unsere Wochenenden gestrichen werden, die Freizeit in der Familie, in Ruhe einkaufen gehen (nicht nur im Supermarkt), kurz gesagt, leben. Die Zeit in der Woche, die die Menschen am meisten schätzen und die wir alle dringend brauchen, um die Maßnahmen zu akzeptieren, die uns Covid-19 gebracht hat. ... Es ist schwierig, nicht zu dem Schluss zu kommen, dass sich die Regierung für die schlechteste Lösung entschieden hat. Diese wird die Ansteckung nicht kontrollieren. Aber sie wird die Wirtschaft (das Gaststättengewerbe bricht zusammen) und die psychische Gesundheit der Portugiesen zerstören.“

Visão (PT) /

Dann lieber einen guten Schnaps

Der Komiker Ricardo Araújo Pereira macht sich in Visão über den Versuch der Regierung, einen Mittelweg zu finden, lustig:

„Es heißt, das Land steht vor einer schwierigen Entscheidung: Entweder stirbt man an der Krankheit, weil es keine Einschränkungen gibt, oder man stirbt an den Einschränkungen, weil die Wirtschaft gestoppt wird. Ganz ehrlich, ich persönlich erwäge angesichts dieser Optionen, mich für einen Schnaps zu entscheiden. ... Anstatt wie im März alles zu schließen oder alles offen zu halten, entschied sich die Regierung für eine hybride Lösung, die weder vollständig erstickt noch ausreichend atmen lässt. Es scheint mir offensichtlich, dass es sich um einen Fall politischer Erstickungslust handelt. ... Offenbar will man die als auto-erotische Erstickung bekannte Praxis auf das Land anwenden. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was ich davon halten soll.“