Iran: Was ist vom neuen Präsidenten zu erwarten?

Im Iran ist der neue, ultrakonservative Präsident Ebrahim Raisi offiziell ins Amt eingeführt worden. Der geistliche Führer des Irans, Ali Chamenei, bestätigte in Teheran die Wahl. Am heutigen Donnerstag folgt die Vereidigung vor dem Parlament. Hoffnungen, dass sich mit dem Neuen politisch irgendetwas bessern könnte, halten Kommentatoren für unbegründet, wenn nicht naiv.

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Der Tagesspiegel (DE) /

Kein Ende der Repression in Sicht

Freiheit ist für den neuen Präsidenten ein Fremdwort, meint der Tagesspiegel:

„Der Mann gehört als linientreuer Vertreter des Regimes und Hardliner schon lange zu den erklärten Gegnern eines Atomabkommens. ... Auf die harte Tour versuchen es Raisi und das Klerikersystem auch nach innen. ... Raisi gehört zu den Verfechtern eines kompromisslosen Vorgehens gegen jede Art von Opposition. Er selbst soll für Tausende Todesurteile Ende der 80er-Jahre verantwortlich sein. Mit ihm als Präsidenten dürfte sich also nichts daran ändern, dass der Iran weltweit zu den repressivsten Staaten gehört. Den Menschen mehr Freiheit zu versprechen – das käme Ebrahim Raisi wohl nie in den Sinn.“

De Telegraaf (NL) /

Brüssel legitimiert den "Henker von Teheran"

De Telegraaf ist empört, dass die EU ihren hochrangigen Diplomaten Enrique Mora zur Amtseinführungsfeier nach Teheran entsendet hat:

„Die Entscheidung der EU, der Amtseinführung des iranischen Präsidenten Raisi beizuwohnen, ist unbegreiflich. Der Besuch findet statt gerade mal eine Woche, nachdem der Iran mehreren Ländern zufolge einen EU-Bürger und einen Briten bei einem Drohnen-Angriff auf einen Öltanker getötet hat. ... Die EU entscheidet sich für eine Umarmung des Regimes - in der naiven Hoffnung, das Atomabkommen zu retten. Und das, obwohl der Iran vollumfänglich den Bau von Langstreckenraketen fortsetzt. ... Mit der Anwesenheit bei der Amtseinführung von Raisi - besser bekannt als 'Henker von Teheran'- legitimiert Brüssel die Aggression des Irans.“

Tages-Anzeiger (CH) /

Junge wollen Aufbruch

Die alte Garde bestimmt schon zu lange die Politik des Irans, meint der Tages-Anzeiger:

„40 Jahre nachdem Ayatollah Ruhollah Khomeini an die Macht kam, muss das Regime fürchten, dass seine Islamische Revolution zerbröselt. Die Generation ist alt, die daran und am Krieg gegen den Irak Saddam Husseins teilgenommen hat. Die Jüngeren hingegen können meist nichts anfangen mit hohlen Parolen wie 'Tod Amerika!'. Sie wollen ein auskömmliches Leben und ein gewisses Mass an Freiheiten - und sehen, wie das Regime versagt. ... Die Iraner haben das ihnen verfügbare Mittel genutzt, ihre Unzufriedenheit auszudrücken, und sind der von Khamenei veranlassten Farce einer Präsidentenwahl ferngeblieben.“