Gas: Rebelliert Chișinău gegen Moskau?

Die bisher von russischem Gas abhängige Republik Moldau kann sich mit Moskau nicht über die Bedingungen für weitere Lieferungen verständigen und hat eine erste "Testportion" Erdgas in Polen eingekauft, das nun über die Ukraine geliefert wird. Für Journalisten ist dies eine Konfrontation, die unerwartete Auswirkungen haben könnte.

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Rzeczpospolita (PL) /

Die Gas-Waffe ist auf dem Tisch

Rzeczpospolita prangert politische Erpressung durch Russland an:

„Seit dem 1. Oktober hat sich der Gaspreis für Moldawien mehr als verfünffacht, geliefert wird nun auf der Grundlage einer vorläufigen Vereinbarung, die eine Reduzierung der Liefermenge um ein Drittel vorsieht. ... Auf diese Weise wollen die Russen die Republik Moldau zwingen, ihren politischen Bedingungen zuzustimmen, unter anderem in Bezug auf die Beziehungen des Landes zur benachbarten Ukraine und zu Transnistrien, das von russischen Separatisten kontrolliert wird. Da die moldauische Seite nicht damit einverstanden ist, dass Russland ihr seine Außenpolitik aufzwingt, wurde jetzt die Gas-Waffe auf den Verhandlungstisch gelegt.“

Snob (RU) /

Wenn sogar die Zwerge aufbegehren

Die Sache ist ein Menetekel für den Kreml, meint der Journalist Konstantin Eggert in Snob:

„Wäre ich Putin, wäre ich jetzt auf der Hut, denn in Chișinău wagt man gewöhnlich nicht die offene Konfrontation mit Moskau. Moldau ist eines der ärmsten Länder Europas. Es ist stark sowohl von russischen Energielieferungen als auch von Geldtransfers seiner in Russland arbeitenden Bürger abhängig. Doch die aktuellen Verhandlungen zu einem neuen Gasliefervertrag stecken in einer Sackgasse. Die von Gazprom - also eigentlich vom Kreml - gestellten Bedingungen betrachtet die Regierung in Chișinău als Knebelung. ... Wenn schon das mittellose Moldau bereit ist, den Kreml herauszufordern, sollte man dort nachdenklich werden.“

Ukrajinska Prawda (UA) /

Es geht nicht nur um Geopolitik

Für Kyjiw ist die Gaslieferung an Moldau aus zwei Gründen sinnvoll, schreibt Ukrajinska Prawda:

„Der erste ist politischer Natur. Immer wenn in einem Land, das für Russland von geopolitischem Interesse ist, eine proeuropäische Regierung an die Macht kommt, sieht sich dieses Land sogleich Druck und Erpressung durch Gazprom ausgesetzt. Die Ukraine hat das mehr als einmal am eigenen Leib spüren müssen. Deswegen ist die Hilfe für Moldau logisch und verständlich. ... Der zweite Grund ist ein pragmatischer: in der Ukraine gibt es Gebiete, die ihr Gas aus dem Nachbarland erhalten. Die Rede ist von Mohyliw-Podilskyj, einer Stadt im Gebiet von Winnyzja, die an der Grenze zu Moldau liegt und die ihren blauen Brennstoff von dessen Gastransportsystem erhält.“