Britisches Gericht: Ruanda-Deal ist rechtswidrig

Großbritannien darf nun doch keine Asylverfahren nach Ruanda auslagern wie 2022 beschlossen. Ruanda könne nicht als sicheres Drittland betrachtet werden, weil Mängel im dortigen Asylverfahren dazu führen könnten, dass tatsächlich Asylberechtigte in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden, so das Urteil eines Berufungsgerichts. Die Entscheidung kann noch beim britischen Supreme Court angefochten werden.

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The Guardian (GB) /

Flüchtlinge kann man nicht auslagern

Begrüßt wird das Urteil von The Guardian:

„Wir wussten bereits, dass die Pläne der Regierung grausam, undurchführbar, teuer und unpopulär waren. Jetzt wissen wir, dass sie zudem gegen das Gesetz verstoßen. Im vergangenen Jahr gab es 89.000 Asylbewerber im Vereinigten Königreich. Das waren weniger als in vielen anderen Ländern. Das Innenministerium sollte sich auf die Verbesserung von Prozessen fokussieren, darunter jene, die von der Justiz kritisiert wurden. Und es muss dafür sorgen, dass die vielen offenen Fälle endlich abgearbeitet werden. ... Die Regierung sollte ihren Plan, Flüchtlinge auszulagern, verwerfen und ihre einwanderungsfeindliche Stimmungsmache beenden.“

The Spectator (GB) /

Nur Volksvertreter können demokratisch entscheiden

Grundlegende migrationspolitische Entscheidungen sollten nicht von Richtern getroffen werden, mahnt Rechtsprofessor Andrew Tettenborn in The Spectator:

„Niemand weiß genau, was mit Asylbewerbern passieren wird, die nach Zentralafrika geschickt werden. Aber das ist nicht der Punkt. Die Frage, die die Verwaltungsjuristen beantworten müssen, ist, wer unter den Richtern und Politikern des Landes das letzte Wort zu diesen Risiken haben sollte und ob wir diese Risiken als Staat eingehen sollten. ... Für jeden, der davon überzeugt ist, dass zentrale sozialpolitische Maßnahmen wie solche zum Thema Einwanderung auf demokratischem Wege beschlossen werden sollten, muss die Antwort klar sein: Das können nur gewählte Volksvertreter tun.“

taz, die tageszeitung (DE) /

Ein nicht nur britischer Irrweg

Für die taz hat das Urteil auch Folgen für die internationale Flüchtlingspolitik:

„Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR fliegt ständig Asylsuchende aus Libyen nach Ruanda – geht das nun nicht mehr? Noch problematischer ist das Urteil für die EU und damit auch für Deutschland. Der EU-Türkei-Deal erlaubt Griechenland, syrische Flüchtlinge ohne Anhörung in die Türkei zurückzubringen beziehungsweise sie gar nicht einzulassen – aber in der Türkei wird auf höchster politischer Ebene diskutiert, Syrien-Flüchtlinge auch gegen ihren Willen nach Syrien zu deportieren. Nach den Maßstäben des Londoner Urteils wäre der Deal illegal. Das ist nicht nur eine theoretische Feststellung. Die Europäische Menschenrechtskonvention ... gilt in ganz Europa, nicht nur in der EU.“