Rumänien: Debatte um freiwilligen Militärdienst

Der rumänische Armeechef Gheorghiță Vlad hat davor gewarnt, dass die Truppen des Landes nicht fit für den Ernstfall seien. In der Armee herrsche Personalmangel, auch seien viele Reservisten zu alt. Daher sollte es es Erwachsenen bis 35 Jahren erlaubt werden, freiwillig eine militärische Grundausbildung zu machen - auch, um gegen Putin gewappnet zu sein. Premier Marcel Ciolacu reagierte umgehend und beschwichtigte.

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Contributors (RO) /

Das Modell könnte funktionieren

Politikanalyst Valentin Naumescu schreibt in Contributors:

„Verteidigungskriege werden nicht nur von Profis gestemmt. Es braucht, wie wir auch in der Ukraine sehen, Hunderttausende von Menschen, die ihr ziviles Leben für eine Weile verlassen, eine Waffe in die Hand nehmen und wissen, wie man damit umgeht. ... Ja, der freiwillige Wehrdienst für Männer und Frauen zwischen 18 und 35 Jahren ist notwendig und sinnvoll - vorausgesetzt, er ist erfolgreich, funktioniert und ist attraktiv. Bislang gibt es hier einige Zweifel. Vier Monate sind nicht viel für eine militärische Ausbildung, aber wenn sie gut gemacht ist und die Zahl der Bewerber groß ist, könnte das Projekt eine wichtige militärische Ressource für das Land darstellen.“

republica.ro (RO) /

Wenn es hart auf hart kommt, ändert Pflicht wenig

Eine Wiedereinführung der Wehrpflicht wäre das falsche Rezept, ergänzt republica.ro:

„Gheorghiță Vlad hat gut daran getan, das Wort 'freiwillig' zu erwähnen. Der Gedanke der Freiwilligkeit muss aus praktischen Gründen im Mittelpunkt einer solchen Operation stehen - das sehen wir auch bei den Ukrainern. Wenn wir jemals gegen die Russen kämpfen müssen, werden viele Grenzen zerbrechen. Man kann dann welches Gesetz auch immer verabschieden, es wird dennoch Rumänen geben, die Grenzer bestechen, um zu entkommen, so wie es auch Ukrainer getan haben. … Auch eine Wehrpflicht würde all daran nichts ändern.“

Deutsche Welle (RO) /

Ciolacu will keine heiklen Themen vor der Wahl

Der Rumänische Dienst der Deutschen Welle meint:

„Der Premier fürchtet eine Debatte, die zwischen Wehrpflicht und Freiwilligendienst für die Armee hin- und her pendeln und womöglich sein Wahlkalkül [zur Parlamentswahl 2024] durchkreuzen könnte. Wie die Mehrheit der einheimischen Politiker denkt Marcel Ciolacu eben mehr an seine eigenen Interessen als an die des Landes und gibt dem Armeechef zu verstehen, dass er keine roten Linien mehr übertreten solle, wenn er Erklärungen abgebe. … Der Premier glaubt anscheinend, dass nicht existiert, worüber man nicht spricht. Doch erst vor zwei Wochen hat der Chef des Nato-Militärausschusses, Admiral Rob Bauer, Politiker und Unternehmen im Westen gebeten, sich auf eine Zeit vorzubereiten, in der alles möglich sei, auch ein Krieg.“