Russland schreibt Kaja Kallas zur Fahndung aus

Auf einer neuen russischen Fahndungsliste stehen neben Estlands Regierungschefin Kaja Kallas 131 weitere Personen aus der Politik und internationalen Institutionen, die meisten aus baltischen Staaten. Sie sollen "für Verbrechen am Gedenken an die Befreier der Welt vom Nazismus und Faschismus" bestraft werden, teilte die Sprecherin des Außenministeriums mit. Eingeschüchtert sollte deshalb niemand sein, findet Europas Presse.

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Polityka (PL) /

Kremlgegnerin Nr. 1

Moskau hat sich kein Leichtgewicht als Ziel ausgesucht, kommentiert Polityka:

„Die Wahl der estnischen Politikerin zur Zielscheibe ist nicht zufällig, denn sie gehört seit Jahren zu den EU-Führungspersönlichkeiten, die in Putin eine ständige Bedrohung der westlichen Werte und Institutionen sehen. ... Kallas, deren Mutter im Zuge der sowjetischen Repressionen nach Sibirien deportiert wurde, ist die ideale Kandidatin, um die Anti-Putin-Front anzuführen, aber auch um zur Zielscheibe der Kreml-Propaganda zu werden. Sie glänzt auf der internationalen Bühne und schneidet immer wieder besser ab als die erfahreneren Politiker, mit denen sie Säle oder Podien teilt.“

Kleine Zeitung (AT) /

Einschüchterung wird nicht gelingen

Laut Kleine Zeitung kann Russland Kallas nichts anhaben:

„Praktisch dürften die Folgen überschaubar sein: Eine Festnahme droht Kallas nur in Russland. Zugleich ist es schon paradox, dass ein Land, dessen Staatschef wegen massivster Kriegsverbrechen international gesucht wird, nun die Regierungschefin eines EU-Landes verhaften will - wegen 'Zerstörung der Denkmäler der sowjetischen Soldaten'. Letztlich geht es um einen Versuch Moskaus, Kaja Kallas persönlich und die Balten, die seit 1991 unabhängig sind und das Banner der Freiheit hochhalten, einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen. Prognose: Das wird nicht gelingen.“

Neatkarīgā (LV) /

Lächerliche Aktion

Neben Kallas wurden auch lettische Politiker zur Fahndung ausgeschrieben, die 2022 für den Abriss sowjetischer Kriegsdenkmäler stimmten. Der Kreml sucht sich seine Feinde ziemlich beliebig aus, konstatiert Neatkarīgā:

„Im August 2022 gab das russische Untersuchungskomitee bekannt, dass ein Verfahren wegen 'Störung der Totenruhe' eingeleitet worden sei. Tatsächlich gab es in der Nähe des Siegesplatzes [in Riga] nie Soldatenbestattungen, außerdem hat die Rote Armee dort überhaupt nie gekämpft. … Als 'Feind des Kremls' gelten nun alle Mitglieder der Fraktion der Partei Latvijas attīstībai im Rigaer Stadtrat und die Basketballspielerin Anete Jēkabsone-Žogota. Die zweimalige Euroleague-Siegerin kann nun zu diesen Titeln noch einen weiteren hinzufügen.“