Großbritannien: Tories wollen die Wehrpflicht

Die britischen Konservativen wollen im Falle eines Wahlsiegs im Juli einen nationalen Pflichtdienst einführen. 18-Jährige sollen sich entscheiden müssen, ob sie zwölf Monate Wehrdienst oder an Wochenenden gemeinnützige Arbeit leisten wollen. Das solle den Gemeinsinn junger Menschen fördern, erklärte Premier Rishi Sunak. Ist das ein sinnvoller Vorschlag?

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The Times (GB) /

Eine sorgfältig zu prüfende Idee

Labour sollte Sunaks Vorstoß nicht vorschnell und reflexartig abtun, rät der ehemalige Außenminister William Hague in The Times:

„Ist sich [Labour-Chef Keir] Starmer absolut sicher, dass es bis zum Ende des Jahrzehnts unter keinen Umständen einen stark erhöhten Bedarf für wesentlich mehr ausgebildete Soldaten geben wird? Sieht der Einsatz für europäische Sicherheit gut aufgestellt aus? Wird sich Russland in eine friedliebende Demokratie verwandeln? ... Bevor man eine Politik ablehnt, die die militärischen Fähigkeiten des Landes erhöht, eine große Anzahl Reservisten schafft, die nationale Identität wiederherstellt und viele aus der Einsamkeit rettet, sollte man innehalten und nachdenken.“

Andrej Mowtschan (RU) /

Als ob das gehen würde

Der in London lebende Finanzberater Andrej Mowtschan nennt auf Facebook viele Gründe, warum er nichts von Sunaks Vorschlag hält:

„Als ob es nicht fast überall einen Mangel an Werktätigen gäbe (von der Landwirtschaft bis zum Bau). Als ob die Nation nicht altern würde und man ungestraft ständig zwei bis drei Prozent der Arbeitskräfte abziehen könnte - und denken, dass dies ohne Auswirkungen auf die Sozialbeiträge bleibt, von denen es immer mehr braucht. Als ob man in zwölf Monaten aus Teenagern Soldaten machen könnte, die fähig wären, an modernen Kriegen teilzunehmen (anstatt im Weg zu stehen und unnötig zu sterben). Als ob es Mittel für die Unterbringung und Ausbildung von 300.000 Menschen gäbe.“

Irish Independent (IE) /

Schädlich für den Frieden

Sunaks Idee wäre für Nordirland fatal, findet Irish Independent:

„In Derry, wo die Ereignisse des Blutsonntags noch immer präsent sind, ist die Vorstellung, dass ein junger Mensch gezwungen werden könnte, der britischen Armee beizutreten, überaus grotesk. ... Genau wie beim Brexit - als wenig oder gar keine Rücksicht darauf genommen wurde, was mit der Grenze in Irland passieren würde, wenn sich die Handelsvereinbarungen ändern - ist dies ein weiteres Beispiel dafür, wie wenig die britische Regierung an Nordirland denkt. ... Eine solch spaltende Politik in einer konfliktbehafteten Gesellschaft durchzusetzen, die versucht, eine neue Generation aufzuziehen, die sich von ihrer schwierigen Vergangenheit abwendet, wäre schädlich für den empfindlichen Frieden in Nordirland.“