Rumänien: Rechtspopulist führt bei Präsidentenwahl

Bei der Wiederholung der Präsidentschaftswahl in Rumänien hat der ultrarechte Kandidat der AUR-Partei, George Simion, im ersten Wahlgang mit über 40 Prozent deutlich gewonnen. In der Stichwahl am 18. Mai tritt er gegen den parteilosen Bürgermeister von Bukarest, Nicușor Dan, an. Der sozialdemokratische Premier Marcel Ciolacu trat zurück, nachdem der Kandidat seiner Regierungskoalition, Crin Antonescu, nur Dritter geworden war.

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Népszava (HU) /

Antielitäre Stimmung ausschlachten

Simion will seinen Vorbildern Trump und Orbán folgen, meint Népszava:

„Viele hoffen, dass sich in der zweiten Wahlrunde das Szenario des Jahres 2000 wiederholt, als alle demokratisch gesinnten Wähler – mit zusammengebissenen Zähnen und zugehaltener Nase – für den Postkommunisten Ion Iliescu und gegen den extrem rechten Corneliu Vadim Tudor stimmten. Doch jetzt scheint das US-Szenario wahrscheinlicher: Simion könnte dank der anti-elitären Stimmung einen historischen Sieg erringen, genau wie Donald Trump. Der rechtsradikale Kandidat redet bereits von einem historischen Erfolg und verspricht fast wortwörtlich das, was Donald Trump und Viktor Orbán an die Spitze gebracht hat und sie dort hält.“

Tygodnik Powszechny (PL) /

Frust über das Regierungslager

Tygodnik Powszechny schreibt:

„Simion steht der europäischen Mainstream-Politik näher als Georgescu. Man wird in seinen Äußerungen kein Lob für Putin finden. Dennoch übt er Kritik an den bestehenden Eliten und Institutionen des Staates sowie an der Europäischen Union, den liberalen Werten und der Ukraine. Die gesellschaftliche Frustration, die durch das unglückliche Agieren des Regierungslagers nach den annullierten Wahlen geschürt wurde, scheint die Rumänen in Richtung von Emotionen zu treiben, die Simion zum Ausdruck bringt.“

Der Standard (AT) /

Von Moskau aus der Bahn geworfen

Der Standard warnt:

„Rumänien ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie Russlands Regierung mit hybrider Kriegsführung – vor allem in sozialen Medien – in nur ein paar Jahren ein zentrales EU- und Nato-Land destabilisieren konnte. Dabei ist das Motiv des Kreml offenkundig: Durch Rumänien werden Rüstungsgüter für die Ukraine geliefert. Hier befinden sich Nato-Militärbasen, und hier werden ukrainische Kampfjet-Piloten ausgebildet. Rumänien ist für die Verteidigung ganz Europas zentral. Umso bedrohlicher ist, dass US-Präsident Trump – auch auf Putins Wunsch hin – erwägt, die US-Truppen abzuziehen. Gerade weil der Kreml sich ein antiwestliches Rumänien wünscht, geht es bei der Wahl am 18. Mai um Freiheit oder Unfreiheit.“

Spotmedia (RO) /

Kann Simion noch besiegt werden?

Laut Spotmedia hat Dan im zweiten Wahlgang einen riesigen Rückstand aufzuholen:

„Wie ist dieses Wahlergebnis zu erklären? ... Allgemein lässt sich sagen, dass es einerseits auf die Frustration über die Annullierung der Präsidentschaftswahl im Vorjahr [6. Dezember] zurückzuführen ist, andererseits auf den Wahlkampf der pro-europäischen Kandidaten, der sich darin erschöpft hat, dass sie sich gegenseitig beschimpft haben. Niemand hat im Grunde verstanden, was im vergangenen Jahr passiert ist. Die Rechnung dafür haben wir jetzt bekommen. ... Nun stellt sich die Frage, ob angesichts des riesigen Stimmenunterschieds Simion am 18. Mai noch besiegt werden kann. ... Simion braucht lediglich elf Prozentpunkte mehr, um zu gewinnen, Nicușor Dan benötigt 30 Prozentpunkte.“

La Repubblica (IT) /

Altbekanntes Drehbuch

Im Osten nichts Neues, meint La Repubblica:

„Simion ist der Beweis dafür, dass das souveränistische Modell in vielen Ländern des ehemaligen Ostblocks großen Zuspruch findet. Das Drehbuch ist in Ungarn, der Slowakei, in Polen und jetzt auch in Rumänien sehr ähnlich: Opferrolle und Nostalgie mit Blick auf die gute alte Zeit, Feindseligkeit gegenüber den Eliten, EU-Skepsis, scharfe Ablehnung von Migranten, kruder Nationalismus und Abneigung gegenüber der Ukraine. ... Simion betonte, er wolle ein Zeichen setzen für seine 'einzige Mission, die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung, die Wiederherstellung der Demokratie'.“

Jurnalul National (RO) /

Das Land steht auf Messers Schneide

Jurnalul Național ist pessimistisch:

„Die Präsidentschaftswahl deutet auf eine mögliche tiefe politische Krise hin. ... Die derzeitige Regierung, die zwischen der Notwendigkeit drastischer finanzpolitischer Maßnahmen und dem Druck der Populisten hin- und hergerissen ist, droht auseinanderzubrechen, ganz gleich, wer in den Präsidentenpalast einziehen wird. ... Doch bei diesen Wahlen geht es nicht nur um das Amt des Präsidenten, sondern auch um die wirtschaftliche und geopolitische Zukunft des Landes. Rumänien steht auf Messers Schneide. ... Das Land läuft Gefahr, als instabil wahrgenommen zu werden, wo Investitionen unsicher sind und politische Entscheidungen eher von Populismus als von wirtschaftlicher Vernunft diktiert werden.“