Gespräch Trump-Putin: Was hat es gebracht?

US-Präsident Donald Trump hat nach einem zweistündigen Telefonat mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin umgehende Friedensverhandlungen zur Beendigung des Krieges gegen die Ukraine in Aussicht gestellt. Der Prozess könne beginnen, so Trump. Putin erklärte, Moskau wolle die Kampfhandlungen beenden, dazu müsse aber der effektivste Weg gefunden werden. Viel Skepsis in Europas Presse.

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La Stampa (IT) /

Nun soll der Papst ans Ruder

Leo XIV. könnte nun neuer Schrittmacher der Verhandlungen werden, meint La Stampa:

„Den Vatikan als Vermittler zwischen Russland und der Ukraine vorzuschlagen, nach mehr als drei Monaten amerikanischer Vermittlungsversuche, mit dem in Istanbul vereinbarten Austausch von tausend Gefangenen als einzigem konkreten Ergebnis, ist ein genialer Ausweg aus der Sackgasse, in die sich Trump durch das ständige 'Njet' des Kremls zum Waffenstillstand gebracht hatte. Trump spielt Kyjiw und Moskau den Ball zu, indem er sofortige Verhandlungen ankündigt, die vom Kreml ebenso höflich wie prompt abgelehnt werden, der stattdessen anbietet, 'mit Kyjiw an einem Memorandum über einen künftigen Frieden zu arbeiten'. Ein gewisser Fortschritt nach drei Jahren, in denen die Beziehung zu Kyjiw nur aus Krieg bestand.“

Jutarnji list (HR) /

Alles dreht sich nur im Kreis

Bei diesen Verhandlungen geht real nichts voran, beklagt Jutarnji list:

„Nun ist klar: Die sogenannten Friedensverhandlungen zur Ukraine drehen sich im Kreis wie der Hamster im Laufrad, das ihm die Illusion gibt, er laufe tatsächlich irgendwo hin und werde auch ankommen. Sieht man denn nicht, dass Putin keine wahren und wirklichen Verhandlungen zum Kriegsende in der Ukraine möchte außer solchen, bei denen die Ukraine sich ergeben soll? Das Gespräch zwischen Putin und Trump ist ein weiteres Déjà-vu, nach dem Trump erneut wiederholte, was er schon seit Monaten von sich gibt: 'Die Ukraine und Russland haben gute Chancen auf Frieden.'“

NV (UA) /

Zugleich flexibel und prinzipienfest agieren

Ein Ausstieg der Ukraine aus den Verhandlungen wäre ein strategischer Fehler, warnt Politologe Wolodymyr Fessenko in einem von NV übernommenen Facebook-Post:

„Viele in der Ukraine schlagen vor, sich aus diesem aussichtslosen Verhandlungsprozess zurückzuziehen. Doch man muss verstehen, dass genau das das Ziel von Putin ist, und das könnte unsere Beziehungen zu den USA erneut belasten. In einer Situation, in der sich sowohl die militärische als auch die diplomatische Lage zuspitzt, ist das eindeutig nicht in unserem Interesse. Wir müssen eine flexible Verhandlungstaktik mit Prinzipienfestigkeit bei der Verteidigung unserer Interessen kombinieren.“

Gordonua.com (UA) /

Wenn Washington schweigt, spricht Europa

Die Führungsrolle liegt nun bei der EU, schreibt Blogger Serhij Fursa in einem von Gordonua.com übernommenen Facebook-Post:

„In den letzten Monaten haben wir uns der Illusion hingegeben, dass irgendwann der Moment kommen würde, in dem Trump auf Putin wütend werden müsste. ... Doch nun sehen wir, dass er nicht nur nicht bereit ist, sich öffentlich über Putin zu ärgern, sondern dass er nicht einmal bereit ist, die Rolle des 'guten Polizisten' zu spielen, wenn es [mit der EU] schon einen 'bösen Polizisten' gibt, der Sanktionen verhängt. Das enttäuscht die Ukraine. Das enttäuscht die Europäer. Und das zeigt, in was für einem Szenario wir künftig leben müssen. Das ist kein Abgrund, nein. Aber eine neue Realität. In der die EU-Staatschefs die Erwachsenen im Raum sind.“

La Repubblica (IT) /

Mehr Ungewissheit als Klarheit

La Repubblica ist skeptisch:

„Die Androhung weiterer Sanktionen oder verschiedener härterer Maßnahmen gegen Russland scheint vergessen zu sein. ... Trump erweckt einmal mehr den Eindruck, sich auf die Seite Putins zu stellen. Die nächsten Stunden werden zeigen, ob es sich um einen weiteren unbegründeten Vertrauensbeweis gegenüber Wladimir handelt, der an seinen maximalistischen Forderungen festhält, oder ob das zweistündige Telefongespräch eine echte Absicht des Kremlchefs offenbart, ehrlich über eine gerechte und damit möglicherweise dauerhafte Lösung zu verhandeln.“

Capital (GR) /

Ein Spiel zwischen Washington und Moskau

Das Webportal Capital wirft einen genaueren Blick auf das Vorgehen der USA und Russlands:

„Die erste Schlussfolgerung aus dem Vergleich der beiden Positionen ist, dass Trump auf einer optimistischeren Haltung beharrt, die der zurückhaltendere Putin aber auch nicht entkräftet. Die zweite ist, dass sich keine dritte Partei in die russisch-amerikanischen Gespräche einmischen kann: Die Beziehung zwischen den beiden scheint durch keine Entwicklung aus der Bahn geworfen zu werden. ... Und die europäischen Staats- und Regierungschefs, die versucht hatten, der russischen Seite ein Ultimatum für einen sofortigen Waffenstillstand zu stellen, werden von Trump im Nachhinein einfach darüber informiert, was er 'vereinbart' habe.“

Echo (RU) /

Verzögerungstaktik, um Sanktionen zu entgehen

Putins Reaktion wirkt wie ein weiterer Trick, urteilt Journalist Dmitri Kolesew in einem von Echo übernommenen Telegram-Post:

„Putin zufolge ist Russland bereit, 'mit der Arbeit an einem Memorandum' über die Unterzeichnung eines Friedensvertrags mit der Ukraine zu beginnen, in dessen Rahmen auch die Frage einer Waffenruhe vereinbart werden könnte. Putin bekam also gesagt: Lass uns eine Waffenruhe für 30 Tage beschließen. ... Und er antwortete: Wir können noch 20 Jahre weiterkämpfen, aber lasst uns anfangen zu diskutieren, wie eines Tages ein Friedensvertrag aussehen könnte. Das klingt nach dem nächsten Trick, um den Krieg unter dem Deckmantel eines 'Friedensprozesses' fortzusetzen, ohne Trump dabei Anlass zu geben, strengere Sanktionen zu verhängen oder die Militärhilfe für die Ukraine zu erhöhen.“

Delfi (LT) /

Eine brüchige Zweckgemeinschaft

Das vermeintlich gute Verhältnis zwischen Moskau und Washington steht auf tönernen Füßen, prophezeit Delfi-Kolumnist Audris Narbutas:

„Trump will China ausstechen – und dafür braucht er Verbündete. Das ist einer der Gründe, warum er auf ein gutes Verhältnis zu Russland setzt. Russlands Abhängigkeit von China hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Eine taktische Annäherung an die USA könnte Trump bei Verhandlungen mit Peking nützen. ... Putin wird versuchen, sich als Brücke zwischen den USA und China zu inszenieren – doch das dürfte kaum von Dauer sein. Für uns ist das teilweise eine gute Nachricht. Es besteht die Hoffnung, einen Trump zu erleben, wie wir ihn uns im Sinne der Ukraine – und auch für uns selbst – wünschen würden.“