Niederlande: Wilders lässt Regierung platzen
Die Vier-Parteien-Koalition in Den Haag ist Geschichte. Die PVV von Rechtspopulist Geert Wilders hatte vor einer Woche Pläne für eine deutliche Verschärfung des Asylrechts vorgelegt und den Fortbestand der Regierung an deren Annahme geknüpft. Doch die drei Koalitionspartner gaben dem Ultimatum nicht nach. Nach einem Krisentreffen am Dienstag berief die PVV ihre Minister ab, Premier Schoof trat darauf zurück. Europas Presse analysiert und blickt voraus.
Wähler im Stich gelassen
Der Koalitionsbruch war überfällig, meint NRC:
„Die PVV scheint nicht die Entwicklung durchgemacht zu haben wie andere rechtsradikale Parteien in Europa. Ihre populistische DNA steht Regierungsmacht im Weg. Dies ist ein großes demokratisches Problem. Verärgerte Wähler, die sich in Den Haag Gehör verschaffen wollen, verdienen es, dass ihre Probleme ernst genommen werden. Dieses Jahr war ein Jahr der Stagnation, selbst bei Themen, die den rechten Wählern am Herzen liegen, wie Stickstoff [aus Düngemitteln], Migration und Wohnungsbau. Die Wähler, ob links oder rechts, wurden schwer im Stich gelassen.“
Mit Extremisten ist kein Staat zu machen
Das Kalkül der zuvor lange dominierenden VVD ist nicht aufgegangen, schreibt The Irish Times:
„Die Partei hatte auf Pragmatismus statt auf Prinzipien gesetzt und gehofft, Extremismus durch Inklusion zu neutralisieren. Stattdessen wurde die VVD selbst dadurch destabilisiert. Dazu kommt, dass die offensichtliche Uneinigkeit im Kabinett das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Regierung weiter untergraben hat. Die Lehre daraus ist ernüchternd. Die Niederlande stehen, wie weite Teile Europas, vor einer zersplitterten politischen Landschaft. Die Fragmentierung der Wählerschaft und der Aufstieg ideologisch extremer Parteien führen dazu, dass Koalitionen brüchig sind und aufgrund tiefer ideologischer Gräben keine gemeinsame Basis haben.“
Lehrstück für Europas Konservative
Andere Mitte-Rechts-Parteien in Europa sollten genau hinsehen, empfiehlt das Handelsblatt:
„Auch anderswo im westlichen Europa geraten Konservative zunehmend in Versuchung, es mit den Rechtspopulisten und -extremen doch einfach mal zu probieren. ... Doch das Beispiel Niederlande zeigt: Spätestens auf nationaler Ebene, wenn es um die großen Themen geht, wird es schwierig. Dann ist Schluss mit der Bereitschaft zum Kompromiss, die sich manchmal auf regionaler Ebene zeigt. Der Koalitionsbruch in Den Haag sollte auch ostdeutschen CDU-Landesverbänden eine Warnung sein. Gedankenspiele zu Koalitionen mit AfD-Beteiligung führen genau dorthin, wo sich die niederländische Politik nun befindet – in die Hand eines rechtspopulistischen Taktgebers.“
Unberechenbar und kompromisslos
Die Mitte muss nun zusammenstehen, findet der Tages-Anzeiger:
„Wilders ist kein normaler Politiker, kein verlässlicher Partner, der im Interesse der Allgemeinheit auch mal zurückstecken würde, im Wissen, dass es in einer parlamentarischen Demokratie nicht anders gehen kann. Er ist Instinktpopulist, unberechenbar, sprunghaft und rücksichtslos wie Donald Trump. Einer, der das Chaos lieber mag als den Kompromiss. Und der, wenn er keine Lust mehr hat – oder einen Vorteil darin wittert –, blitzschnell alles in die Luft wirft. … Christdemokraten, Sozialdemokraten, Grüne und Liberale müssen sich zu einem attraktiven Mitteblock zusammenraufen und auf echte Lösungen für die Probleme vieler Menschen verständigen.“
Klare Ansagen im Wahlkampf, bitte!
De Volkskrant blickt voraus:
„Die Wählerinnen und Wähler, die in ihrer Mehrheit unvermindert rechts stehen, haben Besseres verdient. ... Wilders will als Opfer der widerspenstigen Haager Elite in den Wahlkampf ziehen. Wenn ihm die anderen Parteien des rechten Flügels, allen voran die VVD, wieder so wenig Widerstand leisten wie beim letzten Mal, könnte er sogar damit durchkommen. Wenn das nicht passieren soll, müssen sie deutlich machen, dass sie von nun an nur noch mit Parteien regieren werden, die dazu auch praktisch das Zeug haben, demokratisch organisiert sind und den niederländischen Rechtsstaat und die internationale Rechtsordnung respektieren.“