Deutschland: Magazin Compact darf weiter erscheinen

Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verbot des rechtsextremen Magazins Compact aufgehoben. Viele Inhalte, etwa der Bezeichnung von Migranten als Staatsbürger zweiter Klasse, verstießen zwar gegen Menschenwürde und Demokratieprinzip, das sei jedoch insgesamt noch nicht "prägend". Das Grundgesetz garantiere auch den Feinden der Freiheit die Meinungs- und Pressefreiheit, so der Vorsitzende Richter Ingo Kraft.

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Süddeutsche Zeitung (DE) /

Irgendwann könnte es zu spät sein

Die Süddeutsche Zeitung analysiert die Urteilsbegründung wie folgt:

„Man merkt dem Urteil zweierlei an: wie eklig das Gericht ein Magazin findet, das zwischen Deutschen erster und zweiter Klasse unterscheidet – und welche Skrupel es trotzdem hat, dieses zu verbieten. Es will lieber 'auf die Kraft der freien gesellschaftlichen Auseinandersetzung' vertrauen. Da schimmert das berühmte Diktum des Staatsrechtlers Ernst-Wolfgang Böckenförde durch, dass der freiheitliche Staat von Voraussetzungen lebt, die er selbst nicht garantieren kann. Anders gesagt: Nur die Gesellschaft kann das. Wenn die sich jedoch als zu schwach erweist? Sagen Gerichte aber immer nur 'noch nicht', könnte es eines Tages für ein 'jetzt aber' zu spät sein.“

Zeit Online (DE) /

Juristisch zu Ende denken

Zeit Online ärgert sich:

„Es ist strategisch desaströs und aus Betroffenensicht auch höchst angsteinflößend, wenn Rechtsextreme solche Erfolge einfahren. Denn nein, ein Verbot hätte unter dem Strich nicht 'den Rechten genutzt', wie es so oft heißt. Eine Demokratie darf sich selbstverständlich verteidigen, sie muss es sogar. Aber eben nicht gegen ein Magazin, das überwiegend rechtlich unbedenkliche Texte publiziert. ... Solche Manöver kann sich die Politik nicht erlauben. Staatliche Repression gegen die radikale Rechte muss effektiv, gezielt und vor allem juristisch wasserdicht sein. Wenn die Fachwelt warnt, dass diese oder jene verlockende Maßnahme vor Gericht scheitern könnte, muss die Politik das endlich ernster nehmen.“

Der Standard (AT) /

Jede Menge Werbung

Der Standard hat wenig übrig für die Vorgehensweise der ehemaligen Bundesinnenministerin:

„Für [Nancy] Faesers Handeln gilt: gut gemeint, schlecht gemacht. Denn auch wenn im Heft in unsäglicherweise gegen Migrantinnen und Migranten gehetzt wird – es gibt ein höheres Gut als den Wunsch, derlei nicht mehr lesen zu müssen: die Meinungsfreiheit. Und diese gilt für alle, nicht nur für jene, die glauben, die richtige Meinung zu haben. Faeser hat mit ihrer Aktion das Gegenteil des Gewünschten erreicht: Compact bekam jede Menge Werbung und mehr Zulauf.“