Misstrauensvotum gegen von der Leyen
Ursula von der Leyen muss sich am Donnerstag im Europäischen Parlament einem Misstrauensantrag stellen. Der Rumäne Gheorghe Piperea von der rechten EKR-Fraktion und 76 Mitunterzeichner werfen von der Leyen Intransparenz und Missmanagement in der Corona-Politik vor, etwa weil trotz Gerichtsbeschluss ein SMS-Austausch mit dem Chef des Pharmakonzerns Pfizer vor einem milliardenschweren Impf-Deal bisher nicht veröffentlicht wurde.
Kritik an der eisernen Hand wächst
Ein Sturz ist unrealistisch, doch Unzufriedenheit gibt es auf breiter Front, beobachtet Spotmedia:
„Sollten sich weitere Abgeordnete [neben den 77 Unterzeichnern des Antrags] gegen die EU-Kommissionspräsidentin stellen, könnte dies ihre Machtposition gegenüber dem EU-Parlament schwächen, selbst wenn der Misstrauensantrag nicht angenommen wird. Bei der Debatte [am Montag] warfen die Sozialdemokraten von der Leyen vor, die radikale Rechte umworben zu haben. ... Die Fraktionschefin von Renew, Valérie Hayer, sprach von einem zu starken Zentralismus der Kommission. Beide Seiten machten zugleich deutlich, dass ihre Fraktionen den Misstrauensantrag nicht unterstützen werden. Dennoch nutzten sie die Gelegenheit, um ihre Kritik insbesondere an der eisernen Hand zu äußern, mit der von der Leyen die Kommission führt.“
Gelegenheit, ein paar Zeichen zu setzen
Welche Botschaften die Fraktionen senden könnten, analysiert Telex:
„In dieser Situation ist es besonders interessant, dass die meisten Abgeordneten, die den Antrag [in der Debatte am Montag] unterstützt haben, zur EKR gehören, die der EVP unter den Fraktionen rechts von ihr am nächsten steht. ... Die Frage ist, wo die Mitglieder der EKR bei der Abstimmung stehen werden und ob dies Auswirkungen auf die gelegentliche Zusammenarbeit mit der EVP haben wird. ... Es wird sich auch lohnen, darauf zu achten, ob aus den Reihen der Linken eine Botschaft an von der Leyen kommt oder sie doch daran festhalten, nicht mit den Euroskeptikern und den EU-feindlichen extremen Rechten zu kooperieren.“
Energisch, aber ohne Weitsicht
Für den Tagesspiegel fällt die Bilanz der bisherigen Amtszeit von der Leyens zwiespältig aus:
„Ursula von der Leyen ist extrem machtbewusst und in ihrem Machtstreben erfolgreich. Sie möchte sich aber nicht kontrollieren lassen und agiert intransparent. Jede der Großkrisen hat sie genutzt, um mehr Macht nach Brüssel zu verlagern. Der wichtigste Hebel: Geld ausgeben und Schulden aufnehmen, damit die EU zum zentralen Player wird und den Einfluss der Nationalstaaten zurückdrängt. ... Sie managt energisch, folgt dabei aber mehr dem sich drehenden Zeitgeist als strategischer Weitsicht. Und einen neuen emotionalen Schub für Europas Zusammenhalt, auf den viele hoffen, hat sie bislang nicht ausgelöst.“