Londons Afghanistan-Leak: Zu Recht ein Skandal?

Aufgrund eines Datenlecks mit Angaben zu 19.000 Menschen hat die britische Regierung ab August 2023 Tausende Afghanen zu ihrem Schutz vor den Taliban nach Großbritannien gebracht – Kostenpunkt bisher 400 Millionen Pfund. Datenpanne wie Evakuierung wurden jedoch durch eine – jetzt gerichtlich aufgehobene – geheime Unterlassungsverfügung, eine sogenannte 'Super-Injunction', streng geheim gehalten.

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The Times (GB) /

Autoritäres Gehabe zur Vertuschung von Inkompetenz

The Times kritisiert die Praxis, heikle Vorgänge derartig lange geheim halten zu können:

„Wenn die Instanz, die ihre Handlungen über einen so langen Zeitraum verbergen möchte, die Regierung ist – und die Öffentlichkeit und das Parlament diejenigen, die im Dunkeln tappen müssen, dann besteht die Gefahr, dass dies ein Instrument des Autoritarismus wird. ... Die Super-Injunktion wurde im September 2023 erlassen – gedacht als viermonatige Maßnahme, um die Rettungsaktion zu sichern. Sie sollte jedoch fast zwei Jahre lang gelten. Sie diente somit als Schutzschild für die Inkompetenz der Behörden. ... In Bezug auf die Meinungsfreiheit ist die Super-Injunktion eine Massenvernichtungswaffe. Keine Regierung sollte sie jemals wieder einsetzen dürfen.“

Financial Times (GB) /

Moralische Pflicht erfüllt

Financial Times zeigt Verständnis für die ungewöhnliche Aktion:

„Als die konservative Regierung im August 2023 von der Datenpanne erfuhr, hatte sie die klare moralische Verpflichtung, die gefährdeten Personen zu schützen. Dazu gehörte auch die Schaffung eines neuen Programms für mehrere Tausend stark gefährdete Personen, auf die sich die existierenden Aufnahmepläne nicht erstreckten. Wären nicht alle Personen in der Datenbank geschützt worden und hätte die Taliban-Regierung Zugriff darauf gehabt, dann wären Personen, die britische Interessen unterstützt hatten, möglicherweise Repressalien wie Folter oder Mord ausgesetzt gewesen. Zudem hätte es das Vertrauen von Einheimischen gegenüber britischen Streitkräften bei Einsätzen in anderen Ländern zerstört.“