Was bedeutet die Einigung im Zollstreit?
Donald Trump und Ursula von der Leyen haben eine Einigung im Zollstreit verkündet: Künftig sollen Zölle von 15 Prozent auf Importe von Waren aus der EU in die USA erhoben werden. Laut Trump wird die EU zudem mehr Energie und Waffen in den USA kaufen sowie dort Investitionen tätigen. Die Stimmen in den Kommentarspalten schwanken zwischen Aufatmen und Kritik.
Hoher Preis für Stabilität
Kein fairer Deal, findet Corriere della Sera:
„Die EU zahlt einen hohen Preis für die 'Stabilität' in den Beziehungen zu den USA. ... Im Grunde genommen handelt es sich hierbei um eine politische Vereinbarung: Die EU wollte keinen frontalen Konflikt mit den USA. In der Zeit vor Trump lag der durchschnittliche Zollsatz, den die amerikanischen Zollbehörden auf europäische Waren erhoben, bei etwa 4,8 Prozent; jetzt wird er auf 15 Prozent festgesetzt. Das ist dreimal so viel, ohne dass es dafür eine echte wirtschaftliche Rechtfertigung gäbe, denn es stimmt nicht, wie Trump behauptet, dass Europa in den letzten Jahren die USA ausgebeutet hätte.“
Trump hat gepokert und gewonnen
15 Prozent kann man wohl kaum ein faires Ergebnis nennen, kritisiert De Standaard:
„Trump hat gepokert und gewonnen, weil er eigensinnig die Spielregeln umgeschrieben hat, die in jahrzehntelangen multilateralen Verhandlungen festgelegt wurden. Wenn die Spielregeln selbst verändert sind, dann ist nicht vorhersehbar, wie sich diese neuen Zölle auf die Volkswirtschaften der USA und der EU auswirken werden. In der alten Welt hätten die US-Verbraucher den Preis dafür bezahlt: Handelszölle verteuern das Leben, hemmen Innovationen und kosten Wohlstand. In Trumps Welt machen sie die USA reicher auf Kosten der Handelspartner.“
Schlechter als erhofft, besser als befürchtet
Die EU hat sich notgedrungen den Forderungen Trumps gebeugt, analysiert NRC:
„In den letzten Wochen wurden Risse sichtbar in der Einheitsfront, die die EU zeigen wollte. Länder, die viel zu verlieren hätten, wenn ihre Unternehmen mit hohen Zöllen konfrontiert würden, wie Deutschland und Italien, wurden nervös. Andere, allen voran Frankreich, hatten die Nase voll von den Drohungen und waren der Meinung, dass die EU härter durchgreifen sollte. So gesehen war das Ergebnis eines, das auch die europäischen Diplomaten erleichtert aufatmen ließ. Schlechter als erhofft, besser als befürchtet.“
Waffen sind wieder im Holster
The Irish Times atmet auf:
„Die Einigung hat einen großen Vorteil. Sie verhindert einen drohenden Zollkrieg zwischen beiden Seiten, der hätte hässlich werden können. ... Es hätte zu einem Schlagabtausch mit einer Retourkutsche nach der anderen kommen können. Doch nun ist der Schusswechsel vorbei und die Handelswaffen sind zumindest vorübergehend wieder im Holster. Irland ist stark von US-Investitionen und US-Handel abhängig und wäre im Falle eines Handelskriegs besonders gefährdet. Bei einem solchen müssten besonders die großen digitalen Technologieunternehmen mit umfangreichen Niederlassungen in Irland negative Konsequenzen fürchten.“