Polen: Nawrocki übernimmt Präsidentenamt von Duda
Am heutigen Mittwoch wird der Anfang Juni gewählte polnische Präsident Karol Nawrocki vereidigt. Wie sein zehn Jahre amtierender Vorgänger Andrzej Duda vertritt er nationalkonservative Positionen. In den Medien dominiert deshalb die Erwartung einer Fortsetzung der Konfrontation zwischen dem Staatsoberhaupt und der Regierung von Donald Tusk.
Beide Lager bereit zur Schlacht
Michał Szułdrzyński, Chefredakteur der Rzeczpospolita, rechnet nicht mit Kooperation zwischen Präsident und Regierung – im Gegenteil:
„Am 6. August beginnt für Karol Nawrocki nicht nur die Präsidentschaft, sondern auch die nächste Schlacht im polnisch-polnischen Krieg. Ich würde mich gerne irren, aber viele der Personalentscheidungen, die Nawrocki getroffen hat, deuten darauf hin, dass er sich auf einen Schlagabtausch mit Donald Tusk und der Regierungskoalition vorbereitet. Genau so muss man auch den jüngsten Regierungsumbau sehen. Sowohl Tusk als auch Nawrocki haben nicht so sehr die ihnen unterstellten Institutionen möbliert, sondern vielmehr Streitkräfte aufgestellt, die in den nächsten Partien des politischen Konflikts antreten werden, den man seit nunmehr fast 40 Jahren in Frankreich als Kohabitation bezeichnet.“
Es dürfte noch schlimmer werden
Newsweek Polska hat angesichts von Nawrockis Vorleben keine hohen Erwartungen an das neue Staatsoberhaupt:
„Es ist geradezu eine Binsenweisheit zu schreiben, dass wir Duda vielleicht noch vermissen werden. Die Latte hängt sehr niedrig, aber Karol Nawrocki hat alles, um sie zu reißen. Als sein Amtsvorgänger den Palast bezog, war dieser nämlich nicht in Hooligan-Schlägereien in Wäldern, den Betrug an älteren Menschen oder enge Kontakte zur Unterwelt verwickelt.“
Das Land bleibt auf konservativem Kurs
Das Onlineportal wPolityce.pl sieht in Nawrockis Amtsübernahme ein Zeichen für Kontinuität:
„Präsident Andrzej Duda hat zusammen mit dem konservativen Lager die Sicherheit des Staates gestärkt, die Würde der polnischen Familien wiederhergestellt und den Stolz auf Polen wiederaufgebaut. Und obwohl seit anderthalb Jahren eine Koalition an der Regierung ist, der all diese Werte fremd zu sein scheinen, ist der Sieg von Karol Nawrocki eine Bestätigung dafür, dass die Polen eine Fortsetzung des konservativen Kurses wollen.“
Einigkeit nur in Sachen Verteidigung
Es droht eine Vertiefung der politischen Spaltung im Land bis hin zur gegenseitigen Blockade, analysiert NRC:
„Nawrockis Sieg wird voraussichtlich die politische Pattsituation in Polen verschärfen. ... Tusk könnte versuchen, mit Nawrocki zusammenzuarbeiten, aber es wird erwartet, dass sich die beiden angesichts der russischen Bedrohung nur auf die Verteidigung einigen können. Andererseits könnte Tusk Nawrocki in die Enge treiben, indem er Dutzende von Gesetzesvorlagen in den Präsidentenpalast schickt, gegen die Nawrocki voraussichtlich sein Veto einlegen wird. Auf diese Weise wird Tusk das ohnehin schon stark polarisierte Polen weiter spalten.“