Was hat Witkoff beim Moskau-Besuch im Gepäck?
Kurz vor Ablauf eines Ultimatums der USA an Russland zur Beendigung des Ukraine-Krieges ist Trumps Sondergesandter Steve Witkoff am Mittwoch in Moskau gelandet. Das genaue Programm ist nicht bekannt, ein Treffen mit Putin wird nicht ausgeschlossen. Europäische Kommentatoren fragen sich, welche Ergebnisse der Besuch bringen könnte.
Einlenken Putins ist unwahrscheinlich
The Daily Telegraph erwartet keinen Durchbruch:
„Russische Kommentatoren äußern sich skeptisch. So erklärte Fjodor Vytolowski, Direktor des Moskauer Forschungsinstituts Imemo, gegenüber Rossiya-24: 'Die Erwartung, dass wir plötzlich eine Einigung in allen Punkten mit den Amerikanern erzielen und der Konflikt in der Ukraine gelöst wird, ist unbegründet und verfrüht.' Dies deutet darauf hin, dass Putin das Treffen mit Witkoff als weitere Gelegenheit nutzen wird, um Zeit zu schinden und den Friedensprozess hinauszuzögern. Putins Treffen mit dem belarusischen Präsidenten Alexander Lukaschenka am Wochenende hat deutlich gemacht, dass er Frieden mit der Kapitulation der Ukraine gleichsetzt und auf umfassende Sanktionserleichterungen für Russland beharrt.“
Trump braucht Ergebnisse
Der US-Präsident könnte auf ein potenzielles Angebot aus Moskau eingehen, vorübergehend die Luftangriffe auf die Ukraine einzustellen, meint Militäranalyst Olexij Kopytko auf Facebook:
„Diese Schritte Moskaus waren absehbar, und in Washington hat man dieses Szenario mit Sicherheit analysiert. Augenblicklich ist die Wahrscheinlichkeit, dass Trump auf dieses Angebot eingeht, größer als null. Denn er braucht greifbare Ergebnisse seiner lautstarken Drohungen. Deshalb könnte die Idee als ein 'erster Schritt' in Richtung einer umfassenden Beendigung des Krieges akzeptiert werden. Das wird jedoch von der Dynamik in den Beziehungen zu Indien sowie von Entwicklungen an anderen Schauplätzen abhängen. Sollten sich dort Fortschritte zeigen, könnten die USA entschlossener agieren und Teillösungen ablehnen.“
Nicht auf Täuschungsmanöver reinfallen
Selbst wenn Moskau ein Pausieren der Luftangriffe anbieten sollte, würde das nichts an den eigentlichen Zielen ändern, warnt Politologe Wiktor Schlintschak auf Facebook:
„Putins 'Waffenruhe in der Luft' wäre nichts anderes als eine Nebelwand, um im dadurch entstehenden Dunst bequemer über Gas, Transit und gemeinsame Märkte verhandeln zu können – auch mit Peking. Putin manövriert durch eine Vielzahl von Szenarien und versucht, so viele Ideen wie möglich in einen Topf zu werfen, um Trump in dieser aggressiven Flut von Initiativen zu überrollen – Initiativen, die letztlich nichts am strategischen Ziel Russlands ändern: die Ukraine zu 'verschlingen', Europa zu kontrollieren und die regionale Hegemonie zurückzuerlangen. Ich hoffe sehr, dass man sich im Weißen Haus dieser Risiken – auch im Hinblick auf das Image – endlich bewusst ist.“
Gesprächsversuch mit unklaren Folgen
Der Politologe Linas Kojala erklärt in LRT die Unsicherheiten, die sich mit dem Besuch Witkoffs für Europa ergeben:
„Die Amerikaner versuchen weiterhin, mit Putin ins Gespräch zu kommen. Für die europäischen Staaten besteht die Herausforderung darin, dass unklar ist, mit welcher Botschaft und welchem Mandat Witkoff nach Moskau reist. Einerseits ist mit Sanktionen zu rechnen, denn in dieser Woche endet Trumps Frist an Russland, nach deren Ablauf zusätzliche Druckmittel in Kraft treten sollen. Andererseits ist unklar, welche Schritte des Kremls Washington als Zeichen guten Willens akzeptieren würde und ob diese mit den strategischen Erwartungen Kyjiws vereinbar wären.“
Sensation nicht ausgeschlossen
Radio Kommersant FM hofft auf Zugeständnisse an Russland, sieht aber Europa als Unsicherheitsfaktor:
„Es gibt die Annahme, dass der Sonderbeauftragte sehr vorteilhafte Angebote mitbringt, die schwer abzulehnen sind. Eine Sensation ist natürlich möglich, wenn auch schwer vorstellbar. Wie könnte so ein Angebot aussehen? Es könnte sich darum handeln, dass die Sanktionen gegen Russland teilweise aufgehoben werden oder dass Amerika bereit ist, die Krim einseitig [als russisches Gebiet] anzuerkennen. Allerdings lehnt Europa all dies ab – und seine Meinung muss ebenfalls berücksichtigt werden.“
Es gibt noch Verhandlungsspielraum
Witkoff kommt kaum nach Moskau, um Russland nur Trumps Fehdehandschuh hinzuwerfen, resümiert die kremlnahe Iswestija:
„Die Möglichkeit von sektoralen Vereinbarungen zur Deeskalation kann nicht vollständig ausgeschlossen werden – beispielsweise in Bezug auf eine von Experten oft diskutierte 'Luftkriegs-Waffenruhe' oder die Verlängerung der von Russland in Istanbul vorgeschlagenen 'humanitären Pausen'. Ein indirektes Argument zugunsten eines optimistischeren Szenarios könnte die Information sein, dass im Rahmen des Russland-Aufenthalts von Steve Witkoff ein Treffen mit Wladimir Putin möglich ist. Um lediglich den Erhalt des amerikanischen 'schwarzen Punkts' [symbolisches Todesurteil in der Piratenliteratur] aus den Händen des Gesandten von Donald Trump zu bekräftigen, braucht es wohl kaum einen Empfang auf Präsidentenebene.“
Ein Hoffnungsschimmer
Der Countdown läuft, hofft La Stampa:
„Donald Trumps Ultimatum an den Kreml, das nach den jüngsten russischen Bombardements ukrainischer Städte von 50 auf zehn Tage verkürzt wurde, läuft am Freitag aus, und Andrij Jermak, der Stabschef von Wolodymyr Selenskyj, schreibt in der Washington Post, dass diese Woche 'die Welt die Chance haben könnte, den Krieg zu beenden'. Der Gesandte des Weißen Hauses, Steve Witkoff, wird in Moskau erwartet, dem er seit Monaten fernblieb, seit nämlich Trumps Optimismus zusammen mit dem Scheitern der russisch-ukrainischen Verhandlungen in Istanbul verflogen war.“