Ukraine: Will Russland überhaupt verhandeln?

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat erklärt, ein möglicher Friedenseinsatz europäischer Truppen in der Ukraine sei für Moskau "völlig inakzeptabel". Ein Gipfeltreffen zwischen den Präsidenten Russlands und der Ukraine halte er für verfrüht. Das russische Militär verstärkte die Luftangriffe auf ukrainische Städte. Europas Presse sieht wenig Spielraum für Friedensverhandlungen.

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De Telegraaf (NL) /

Moskau sucht keinen Frieden

Lawrows Forderungen entlarven die Scheinheiligkeit russischer Gespräche über Frieden, so De Telegraaf:

„Er besteht darauf, genau wie Kriegspräsident Putin, 'die Ursachen des Konflikts zu beseitigen'. Das ist Kreml-Sprache für den Abzug der Nato-Truppen aus den östlichen Mitgliedsstaaten des Bündnisses und die Neutralisierung und Entwaffnung der Ukraine. Lawrows Attacke gegen europäische 'Abenteurer' könnte ein Versuch sein, Zwietracht im Westen zu säen. Seine deutlichen Worte wurden zudem begleitet von einem der größten Luftangriffe auf die Ukraine seit Beginn des Krieges. Ein weiteres Zeichen dafür, dass Moskau überhaupt nicht auf Frieden aus ist.“

Postimees (EE) /

Rückzieher aus dem Versprechen

Sicherheitsexperte Rainer Saks analysiert in Postimees die Kreml-Strategie:

„Der russische Außenminister kommentierte die Aussichten auf ein mögliches Gipfeltreffen, indem er zwar versicherte, dass Russland die Verhandlungen mit der Ukraine in jedem Format fortsetzen könne, ein Gipfel jedoch erst möglich sei, wenn zuvor auf niedrigerer Ebene ernsthafte Vorarbeiten geleistet worden seien. Das ist ein bekanntes Manöver, mit dem Russland beginnt, sich von seinem Versprechen gegenüber dem US-Präsidenten zurückzuziehen, an einem Gipfeltreffen der Staatschefs teilzunehmen. Russland nutzt die Einseitigkeit der US-Politik aus und stellt nach und nach weitere Forderungen für die Teilnahme am Gipfeltreffen. Der Außenminister hat den Anfang gemacht und nun werden die Reaktionen auf seinen Monolog sondiert.“

24tv.ua (UA) /

USA wollen die Zeichen nicht sehen

Publizist Witalij Portnykow analysiert in 24tv.ua:

„Natürlich hätte der US-Präsident mit gesundem Menschenverstand durch die Aussagen des russischen Außenministers hellhörig werden und erkennen müssen, dass niemand im Kreml ihn ernst nimmt und dass alle Aussagen von Putin über ein Gipfeltreffen nur als Bluff dienen. Doch im Weißen Haus hat man beschlossen, darüber hinwegzusehen. Man ließ verlauten, dass eine öffentliche Diskussion über den weiteren Verhandlungsprozess zwischen Russland und der Ukraine nicht im nationalen Interesse der USA liege. ... Weder Trump selbst noch denjenigen, die entgegen aller Fakten auf ihn hoffen, liegt etwas daran, die Wahrheit zu erkennen.“

Echo (RU) /

Putin muss nun Farbe bekennen

Politologe Wladimir Pastuchow sieht in einem von Echo übernommenen Telegram-Post nun Putin unter Zugzwang:

„Putin spielt mit dem Feuer. Der in den Augen Europas und der eigenen Wählerbasis gekränkte und erniedrigte Trump ist unberechenbar und sehr gefährlich. Mir scheint übrigens, dass man in Washington darauf vorbereitet war und deshalb auf Eile setzte und den Prozess nicht einmal auf einen Monat in die Länge ziehen will. Deshalb muss Putin in den nächsten zwei Wochen eine Erklärung abgeben, wer von den beiden nun blufft: er oder Lawrow?“

Libertatea (RO) /

Südkorea-Modell oder Georgien-Szenario denkbar

Welche Sicherheitsgarantien es ohne Nato-Mitgliedschaft geben kann, überlegt Libertatea:

„Weltweit gibt es zwei Staaten, die keine Nato-Mitglieder sind und denen die USA in strategischen Staatsdokumenten Sicherheit zugesichert haben, und mit denen sie seit den 1950er-Jahren bis heute äußerst enge politisch-militärische Beziehungen aufgebaut haben: Südkorea, das als amerikanischer Satellit im indopazifischen Raum gilt, und Israel, das der amerikanische Satellit im Nahen Osten ist. … Israel und Südkorea gelten vor dem aktuellen Hintergrund als positive Szenarien für die Ukraine und damit auch für die EU. Negativbeispiele wären hingegen Georgien (dessen politisches Regime dem Kreml wohlgesonnen ist) und Belarus (russischer Satellit mit einen nicht-demokratischen Regime im früheren Sowjetraum).“