US-Regierung: Paracetamol mögliche Ursache für Autismus

US-Präsident Donald Trump und sein Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. haben die US-Arzneimittelbehörde angewiesen, Schwangere vor der Einnahme von Paracetamol zu warnen. Zur Begründung hieß es, das Schmerzmittel sei für ein erhöhtes Autismus-Risiko bei Kindern verantwortlich. Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft gibt es jedoch keine Belege für diese Aussage. Die Medien beleuchten das Thema aus verschiedenen Perspektiven.

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Irish Examiner (IE) /

Frauenfeindliche Fehlinformation

Trumps Behauptungen sind ebenso verwerflich wie haltlos, schimpft The Irish Examiner:

„Trump bedient sich einer Rhetorik, die Müttern von Kindern mit schwerwiegenden Verhaltensauffälligkeiten die Schuld daran gibt. ... Dabei hat jede Mutter in dieser Lage wohl schon mit den Herausforderungen des Alltags zu kämpfen, während sie sich um Begutachtungen, Kinderbetreuung, Schulbildung und medizinische Versorgung für ihr Kind bemüht. Sie sollte sich dann nicht anhören müssen, dass die Einnahme eines sicheren, rezeptfreien Medikaments während der Schwangerschaft die Schwierigkeiten verursacht hat, mit denen ihr Kind und ihre Familie jetzt konfrontiert sind. Vor allem, wenn diese Aussage jeder faktischen Grundlage entbehrt. Das ist Fehlinformation in ihrer schlimmsten Form.“

hvg (HU) /

Vorsicht vor verdrehter Wissenschaft

Aus Forschungsarbeiten kann man völlig falsche Schlüsse ziehen, warnt hvg:

„Die vorliegenden Studien befassen sich nicht in erster Linie damit, wie Paracetamol Autismus verursachen kann, sondern sie untersuchen, ob bei Kindern, deren Mütter während der Schwangerschaft Paracetamol eingenommen haben, Autismus aufgetreten ist. Es ist eine Binsenweisheit, die für fast alle wissenschaftlichen Forschungen gilt, dass ein Zusammenfallen von Dingen nicht unbedingt eine Kausalbeziehung bedeutet. In unserem Fall könnte beispielsweise eine logische Erklärung sein, dass der Autismus nicht auf Paracetamol zurückzuführen ist, sondern auf die Krankheit, wegen der die schwangere Frau zum Medikament gegriffen hat.“

The Spectator (GB) /

Auch mal die Zähne zusammenbeißen

Positiv an Trumps Vorgehen ist, dass es eine Warnung vor unbedachter Einnahme von Schmerzmitteln darstellt, findet The Spectator:

„Zwar gibt es keine eindeutigen Beweise für einen Zusammenhang zwischen Paracetamol und Autismus, es ist aber durchaus sinnvoll, zu fragen, ob Schwangere – und übrigens auch viele andere Menschen – die Einnahme dieses Medikaments nicht nach Möglichkeit vermeiden sollten. Die Einnahme von Medikamenten zieht eine Abwägung von Risiko versus Nutzen mit sich. Die Risiken mögen in diesem Fall vielleicht nicht groß sein, aber in vielen Fällen gilt gleiches für den Nutzen. Viele Menschen nehmen viel zu routinemäßig Schmerzmittel ein, ohne zu bedenken, dass Schmerzen einen Grund haben.“

Naftemporiki (GR) /

Es bleibt die Hoffnung auf neue Erkenntnisse

Die selbst betroffene Naftemporiki-Redakteurin Natasa Stasinou schreibt:

„Hoffentlich setzt die US-Regierung ihre Ankündigung einer umfassenden Untersuchung zu den Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten von Autismus tatsächlich um. Wir Eltern von autistischen Kindern würden jede Art von 'Antworten' begrüßen – vorausgesetzt, sie beruhen auf Daten. Autismus ist weder Wahlkampfstoff noch Thema für eine Kampagne nach der Wahl. Er lässt sich nicht mit einem Satz in einer Pressekonferenz lösen. ... Da die medizinische Gemeinschaft bislang nicht zu einer eindeutigen Ursache für diese neuroentwicklungsbedingte Störung gelangt ist, sondern sie als multifaktoriell betrachtet, ist offensichtlich, dass es keine 'magische Lösung' zur Behandlung der Symptome gibt.“