Japan erstmals von einer Frau regiert
Mit Sanae Takaichi hat Japan zum ersten Mal eine Premierministerin: Die als sehr konservativ und nationalistisch geltende Parteichefin der Liberaldemokratischen Partei (LDP) erhielt am Dienstag eine Mehrheit der Stimmen im Unterhaus des Parlaments. Die 64-Jährige will zusammen mit der rechtsgerichteten Oppositionspartei JIP regieren. Kommentatoren debattieren, in welcher Hinsicht jetzt ein Wandel bevorstehen könnte.
Sie könnte den Jahren der Öffnung ein Ende setzen
Nicht nur wegen ihres Frauseins ist die Wahl Takaichis ein historischer Schritt, betont die Berliner Morgenpost:
„Zumal sie in mehreren gesellschaftspolitischen Fragen – sie ist gegen die Homo-Ehe, gegen die Möglichkeit einer weiblichen Kaiserin und für die Pflicht, dass Ehepaare einen gemeinsamen Nachnamen führen – streng konservativ ist. Vielmehr wird Sanae Takaichi versuchen, Japan nach Jahren gesellschafts- und migrationspolitischer Öffnung weiter nach rechts zu führen. Takaichi ist bekannt als Nationalistin, die Japans Kriegsvergangenheit immer wieder verharmlost hat. ... Gegen Menschen aus dem Ausland hat sie wiederholt gestichelt. In Migrationsfragen hat sie versprochen, streng zu sein. So steht Takaichi dieser Tage für eine Trendwende.“
Gleichstellung auf konservative Art?
The Times hofft, dass sich Takaichi für mehr Gleichberechtigung stark macht, wenn auch nicht aus feministischen Gründen:
„Als Nationalistin und Pragmatikerin sollte sie Japan in Richtung Gleichstellung der Geschlechter lenken. Die Geburtenrate ist eingebrochen: Allein im vergangenen Jahr schrumpfte die Bevölkerung um fast eine Million Menschen. Ein Grund dafür ist, dass Muttersein zu viel harte Arbeit bedeutet. Japanische Frauen übernehmen viermal mehr Hausarbeit und Betreuung von Kindern und älteren Menschen als Männer. Takaichi ist, wie viele Japaner, gegen eine Erhöhung der Einwanderungszahlen, um den Bevölkerungsrückgang auszugleichen. Wenn sie will, dass Japan eine Großmacht bleibt, muss sie das Leben der Frauen im Land verbessern.“