Neue Harmonie zwischen Berlin und Ankara?
Beim Besuch des deutschen Kanzlers in Ankara haben Friedrich Merz und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan die Gemeinsamkeiten beider Länder betont. Die Differenzen über die jeweiligen Haltungen im Nahost-Konflikt wurden ausgesprochen, aber nicht problematisiert. Als wichtiger Schritt für die Türkei gilt die Zustimmung Berlins für die Lieferung von Eurofighter-Kampfjets an den strategisch wichtigen Nato-Partner.
Der türkische Präsident macht vieles richtig
Die Neue Zürcher Zeitung bescheinigt Erdoğan strategische Weitsicht:
„Ob im Gaza-Konflikt, im Ukraine-Krieg oder in Syrien: Kein Weg führt derzeit an der Türkei vorbei. Dies hat damit zu tun, dass Erdogan gute Beziehungen zu Moskau wie auch zu Kiew pflegt, sich blendend mit Donald Trump versteht und einen engen Draht zur neuen Führung in Syrien und zur islamistischen Hamas im Gazastreifen hat. Wie ihm dieses Beziehungsnetz in die Hände spielt, hat jüngst Erdogans Hilfe bei der Vermittlung um einen Waffenstillstand im Gazastreifen gezeigt. ... Die gegenwärtige Rolle der Türkei zeigt, dass Erdogan vieles richtig gemacht hat.“
Differenzen werden zurückgestellt
Yetkin Report analysiert:
„Als Merz die deutsche Unterstützung für Israels Recht auf Selbstverteidigung in Gaza betonte, begann Erdoğan Tacheles zu reden. ... Merz ließ die Situation nicht eskalieren und antwortete nur darauf, dass sein Land nach den jüngsten Entwicklungen seine Waffenexporte ausgesetzt habe. Diese Haltung zeigt uns Folgendes: Auch wenn die Türkei und Deutschland in Bezug auf Israels Aggressionen in Gaza und die Qualität der Demokratie in der Türkei unterschiedlicher Meinung sind, sehen sie dies angesichts der aktuellen strategischen Interessen insbesondere in den Bereichen Sicherheit und Handel nicht als ein Hindernis an.“
Skepsis in Griechenland
Für Athen ist die neue Harmonie mit Ankara schwer zu schlucken, merkt To Vima an:
„Das Beispiel des Eurofighters verdeutlicht Berlins radikalen Kurswechsel hin zu Ankara seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine. Die Distanzierung des amerikanischen Präsidenten von Europa und seine Weigerung, Waffen an Kyjiw zu liefern, war die Kirsche auf der Torte. … Nie zuvor seit dem Kalten Krieg war die Türkei, das Land mit der zweitgrößten Armee in der Nato, ein so wertvoller Verbündeter. Und das ist Fakt. Merz' Deutschland hat nicht nur grünes Licht für den Eurofighter gegeben, sondern unterstützt trotz Athens Vorbehalten auch Ankaras Beteiligung am EU-Programm 'Safe' [zur Finanzierung gemeinsamer Rüstungsbeschaffung]. Wie es gelingen wird, die griechische Regierung zu überzeugen, bleibt ein Mysterium.“