Bürgermeisterwahl: Steht New York vor neuer Ära?
In New York wird am heutigen Dienstag ein neuer Bürgermeister gewählt. Beim Rennen um die Rathausspitze liegt der 34-jährige linke Demokrat Zohran Mamdani in Umfragen deutlich vor dem früheren demokratischen Gouverneur Andrew Cuomo und dem Republikaner Curtis Sliwa. Kommentatoren debattieren, was den Erfolg des selbsterklärten "demokratischen Sozialisten" ausmacht.
Ein progressiver Hoffnungsschimmer
Zohran Mamdani wäre nicht nur der erste muslimische Bürgermeister, sondern ein Hoffnungsträger für Demokraten, so Financial Times:
„Für den 34-jährigen Abgeordneten [im Parlament des Staates New York], von dem vor sechs Monaten noch kaum jemand in den fünf Stadtbezirken gehört hatte, wäre es ein atemberaubender Erfolg. Mamdani, ein in Uganda geborener Sozialist indischer Herkunft, will New York für die Menschen, die dort leben und arbeiten, wieder bezahlbar machen – mit Versprechen zur Mietpreisbremse, kostenlosen Bussen und kostenfreier Kinderbetreuung für alle. Für die mehr als 50.000 Freiwilligen, die sich hinter ihn gestellt haben, bedeutet seine Kandidatur für das Amt des Bürgermeisters jedoch viel mehr: Für sie ist er ein Hoffnungsschimmer in einer für progressive Politik in den USA zunehmend düster werdenden Zeit.“
Überfällige Verjüngungskur
Mamdani weckt Hoffnungen auf eine neue Ära bei den Demokraten, urteilt Libération:
„Ihm könnte eine nationale Zukunft bevorstehen. In dieser turbulenten Zeit nach der Niederlage von Kamala Harris mangelt es den Demokraten schmerzlich an Führungsstärke. Könnte Mamdani, der eine Sensation auf Social Media und ein Idol für die Generation Z ist, die Verjüngungskur sein, die diese grauhaarige und als gerontokratisch kritisierte Partei benötigt? … Mamdani ist auf dem besten Weg, der erste muslimische Bürgermeister von New York und der jüngste seit 1917 zu werden. Die Stadt könnte das Versuchslabor für eine mögliche neue Ära der Demokratischen Partei sein.“
Linkspopulismus bringt keine Lösung
Der Fernsehjournalist und Autor Ulrich Berls mahnt im Cicero die Demokraten zur Vorsicht:
„Rechtspopulismus mit Linkspopulismus schlagen zu wollen, ist eine waghalsige Strategie. Nach dem wahrscheinlichen Mamdani-Sieg in New York, sollten sich die Jubler vielleicht nochmals die politische Landkarte der USA vergegenwärtigen: Landesweite Wahlen werden nicht in Städten wie New York, Portland oder Chicago entschieden. Das sind Orte, da schickt man eher mal die Nationalgarde vorbei.“
Ein Symbol für die Demokratie in den USA
Ein Wahlsieg Mamdanis würde nach Ansicht von Politiken dem ganzen Land ein klares Signal senden:
„Wenn Mamdani, wie die Umfragen vorhersagen, gewinnt, wäre das ein klares Signal nicht nur an Trump, sondern an die gesamten Vereinigten Staaten. Ein Signal, dass es einen anderen Weg gibt und dass die amerikanische Demokratie lebt. Dass Wahlen wichtig sind. Die Vereinigten Staaten sind immens groß und vielfältig, und New York ist bei Weitem kein Spiegelbild des ganzen Landes. Aber die Stadt kann – wie die Freiheitsstatue an der Hafeneinfahrt – die Stärke der offenen und humanen Vereinigten Staaten demonstrieren.“
Trickreich im Ringen um Aufmerksamkeit
Aus Sicht des New York-Korrespondenten der Süddeutschen Zeitung, Boris Herrmann, punktet Mamdani weniger mit seinen Argumenten als mit ihrer geschickten Präsentation:
„Er hat nämlich verstanden, dass die Demokraten in der politischen Auseinandersetzung mit Trump nicht in erster Linie ein Argumentationsproblem haben, sondern ein Aufmerksamkeitsproblem. Egal, wie diese Bürgermeisterwahl ausgeht: Mamdanis selbstbewusste, leicht populistische und vor allem schön laute Kampagne hat gezeigt, wie man Donald Trump am meisten ärgern kann: indem man hin und wieder nämlich einfach mal über etwas anderes redet als immerzu nur über ihn.“
Erst 2026 wird es wirklich spannend
Visão hält die Wahlen in den US-amerikanischen Bundesstaaten nicht für einen Stimmungstest über Donald Trumps Politik:
„New Jersey, Virginia und New York gehen am Dienstag zur Wahl. ... Es sind drei demokratische Bundesstaaten, die Obama dazu veranlasst haben, sich in den Wahlkampf einzumischen. Alle wollen, dass diese Wahlen als Referendum über Trump angesehen werden, der noch nicht einmal ein Jahr im Amt ist, aber das wird kaum möglich sein. Ende 2026 werden die Zwischenwahlen zeigen, was die Amerikaner vom Präsidenten, seinem erratischen Regierungsstil und dem anhaltenden Chaos im Weißen Haus halten. Trump unterstützt die republikanischen Kandidaten, hält aber zugleich vorsichtigen Abstand, um nicht in die falsche Richtung zu geraten.“