Welche Ziele verfolgen die USA in Venezuela?

Die USA erhöhen den Druck auf Venezuela und dessen Machthaber Nicolás Maduro. In den vergangenen Wochen tötete das US-Militär mindestens 80 Menschen bei Angriffen auf Schnellboote, die Washington zufolge Drogen transportieren. Der größte Flugzeugträger der US-Marine ist nun in der Region eingetroffen. Europas Medien halten eine militärische Intervention für möglich und stellen verschiedene historische Vergleiche an.

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Trouw (NL) /

Idee von Hinterhof-Staaten ist brandgefährlich

Trouw befürchtet ein ähnliches Szenario wie im Irak-Krieg:

„Es scheint, als habe Washington wenig aus diesem Debakel gelernt und nutze diesen Krieg nun möglicherweise als Blaupause für neue Pläne mit Venezuela. Für Europa muss eines ganz klar sein: Die Methoden, die die USA hier anwenden, passen nicht in das internationale System. Es gibt mehr als genug Möglichkeiten, politische Führer anzusprechen oder zu kritisieren, ohne die Souveränität anderer Staaten zu verletzen. Der Krieg in der Ukraine hat uns zudem erneut gelehrt, wie wichtig dieses Prinzip ist: Kein Land darf andere Staaten als seinen Hinterhof beanspruchen.“

WOZ - Die Wochenzeitung (CH) /

Es geht nicht um Drogen

Die WOZ fühlt sich daran erinnert, wie die USA einst Panamas Machthaber Manuel Noriega Drogenhandel vorwarfen:

„Es ging bei der Invasion vom Dezember 1989 nicht um Drogen, sondern um den Panamakanal. ... Noriega wollte schon in den 1980er Jahren die Lizenz für Stützpunkte der US-Armee nicht mehr verlängern, was der damalige US-Präsident George Bush senior nicht hinnahm. Auch die heutige Drohkulisse vor Venezuela wurde nicht für Drogenmafias aufgebaut. Venezuela spielt im Drogenhandel eine untergeordnete Rolle. Allenfalls acht Prozent des ... in die USA geschmuggelten Kokains werden über seine Küste verschifft. Synthetische Drogen wie Fentanyl kommen allesamt aus Mexiko. Was Trump an Venezuela viel mehr interessieren dürfte, sind die weltweit grössten bekannten Erdölreserven. Auf die hat er, solange Maduro regiert, keinen Zugriff.“

Neue Zürcher Zeitung (CH) /

Intervention als Chance oder Gefahr

Die Neue Zürcher Zeitung wägt mögliche Folgen einer Invasion ab:

„Sollte ... das Maduro-Regime zusammenbrechen, stünden die Aussichten für eine Demokratisierung gut. Im Gegensatz etwa zu den Versuchen zum Nation-Building im Irak und in Afghanistan verfügt Venezuela über eine demokratische Tradition. ... Selbstverständlich wäre ein Angriff der Amerikaner mit einem beträchtlichen Risiko verbunden. So könnte sich die Armee unter einer neuen Führung an die Macht putschen und verhindern, dass das Land zur Demokratie zurückkehrt. Oder sie könnte sich spalten in Anhänger und Gegner des Regimes, und diese könnten sich dann gegenseitig bekämpfen. Doch das Regime von Maduro ist derart delegitimiert, dass sein definitives Ende wahrscheinlicher ist.“

The Economist (GB) /

Wille der Venezolaner zählt in Washington nicht

The Economist geht auf die jüngsten Äußerungen aus beiden Hauptstädten ein, dass man zu Gesprächen bereit sei:

„Viel hängt davon ab, welchen Weg Donald Trump für den besten hält, um einen öffentlichkeitswirksamen Erfolg vorzuweisen, sei es ein Abkommen, das durch militärische Einschüchterung erzwungen wurde, oder dramatische, aber begrenzte Angriffe, um Maduro zu stürzen – wenn nicht sogar zu töten. … Trump ist unberechenbar. … Unter den möglichen Szenarien gibt es nur wenige, die das beinhalten, wofür die meisten Venezolaner im vergangenen Jahr gestimmt haben: ein demokratisches Land ohne Maduro.“