Was hat Macrons Staatsbesuch in China gezeigt?

Frankreichs Präsident Macron ist von seinem dreitägigen China-Besuch zurück. Bei zentralen Themen wie dem chinesischen Handelsüberschuss und der Haltung Pekings zu Russland gab es anscheinend keinen Durchbruch. Nach seiner Rückkehr drohte Macron mit Konsequenzen, sollte China keine Schritte unternehmen, den Binnenmarkt zu öffnen. Wer am längeren Hebel sitzt, analysiert Europas Presse.

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Le Monde (FR) /

Zeichen stehen auf Misstrauen und Protektionismus

Le Monde urteilt:

„Macrons Absicht ist löblich und der Dialog ist unverzichtbar, wenn er – wie in diesem Fall – ohne Verbitterung geführt wird. Seine Reise hat jedoch vor allem gezeigt, wie schwierig es für eine europäische Mittelmacht ist, sich gegenüber Xi Jinpings China zu behaupten. … Die Europäer befinden sich gegenüber China in einer Position als Bittsteller, ohne Mittel, um es zu zwingen, seine politische und industrielle Unterstützung für Russland zu reduzieren. … Trotz der freundlichen Gespräche, die Emmanuel Macron geführt hat, hat Europa aufgrund seiner Schwächen Mühe, sich Gehör zu verschaffen, während China aufgrund seiner Stärke Mühe hat, zuzuhören. Automatisch steuert ihre Beziehung auf mehr Protektionismus und mehr Misstrauen zu.“

Göteborgs-Posten (SE) /

Ökonomische und strategische Abhängigkeit

Göteborgs-Posten ist besorgt:

„Wir geraten langsam in die Situation, aus der Donald Trump die USA mit allen Mitteln herausholen wollte. Das Handelsdefizit gegenüber China steigt. Das muss an sich nicht viel bedeuten. Handelsungleichgewichte sind in einer globalen Wirtschaft ganz normal, was jeder normal begabte Ökonom anschaulich erklären kann. Das Handelsdefizit gegenüber China sagt aber auch etwas darüber aus, womit sich Ökonomen selten auseinandersetzen: das politische Gleichgewicht und die Möglichkeit einzelner Staaten, unabhängig zu handeln. Da wir uns von der Gunst der Kommunistischen Partei abhängig gemacht haben, sind wir gleichzeitig von deren strategischen Entscheidungen betroffen.“

Dserkalo Tyschnja (UA) /

Keine Bewegung in der Ukraine-Frage

Peking hält an seiner Unterstützung des Kremls fest, schreibt Dserkalo Tyschnja:

„Ein unangenehmes, aber absehbares Ergebnis des Macron-Besuchs für uns und unsere europäischen Partner besteht in der nahezu kategorischen Weigerung Pekings, über vage Erklärungen hinauszugehen und Druck auf seinen russischen Vasallen auszuüben, um einen Waffenstillstand zu erreichen. Mehr noch: Im Beisein des französischen Präsidenten hörten wir von Xi de facto eine Bekundung seiner Entschlossenheit, Russland weiterhin umfassend zu unterstützen. In Peking vertritt man die Auffassung, dass die EU die Bedeutung des Faktors des russisch-ukrainischen Krieges für die Gestaltung ihrer China-Politik radikal reduzieren müsse.“

Iswestija (RU) /

Europa kann in Peking nicht punkten

Die kremlnahe Iswestija schlussfolgert:

„Erstens ist das Scheitern des Westens, China dazu zu bewegen, Druck auf Russland auszuüben, endgültig. Xi hat nicht nur die französischen Bitten zurückgewiesen, sondern auch demonstrativ die Beziehungen zu Moskau durch den vorangegangenen Besuch von [Außenminister] Wang Yi gestärkt. Zweitens bleibt Europa bei den Verhandlungen mit China in einer Position der wirtschaftlichen Abhängigkeit und diplomatischen Schwäche. Die EU verfügt über keine realen Druckmittel außer Zollandrohungen, die Peking ignorieren oder für Gegenmaßnahmen nutzen kann. Drittens verschleiert Macrons ambitionierte Rhetorik über die europäische Autonomie die wachsende Fragilität der europäischen Einheit angesichts der neuen geopolitischen Realität.“