Griechenland steht vor Neuwahlen

Nach der gescheiterten Präsidentenwahl Ende Dezember wählen die Griechen am 25. Januar ein neues Parlament. Sollte das Linksbündnis Syriza gewinnen, drohen der Euro-Austritt Griechenlands und eine schwere Krise der EU, fürchten einige Kommentatoren. Andere halten dieses Szenario für Angstmacherei und sehen die Zeit gekommen, das Schicksal des Landes in die Hände der Bürger zu legen.

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Newsweek Polska (PL) /

Wieder erschreckt griechische Krise Europa

Sollte nach der vorgezogenen Parlamentswahl am 25. Januar die linke Syriza-Partei die Regierung in Griechenland bilden, droht eine Rückkehr der Krise innerhalb der EU, befürchtet das Nachrichtenmagazin Newsweek Polska: "Wenn die Syriza an die Macht kommt, dann wird die Regierung versuchen, die Hilfspakete neu auszuhandeln. Doch dürfte die EU-Troika es wohl ablehnen, einen Teil der Neuschulden einzufrieren. Denn dann würden auch Portugal und Irland, die vergleichbare Hilfen vom IWF und der EU erhalten, ähnliche Forderungen stellen. Außerdem ist die Sparpolitik eine der wichtigsten Maßnahmen von Merkel, über die sie sich immer mit Frankreich streitet. ... Wenn sich die Griechen dann nicht mit der Troika einigen, droht ihnen ein Stopp der Hilfen. Das wäre der faktische Bankrott des Landes und letztlich das Aus in der Eurozone. Und dies dürfte wiederum eine Krise in der Eurozone hervorrufen. Die Mehrzahl der Ökonomien in der EU befindet sich ja seit Jahren nah am Rand der Rezession."

El País (ES) /

Politik in Athen destabilisiert gesamte EU

Die politische Krise in Griechenland könnte schnell zur Gefahr für die tragenden Achsen der EU werden, befürchtet der ehemalige deutsche Außenminister Joschka Fischer in der linksliberalen Tageszeitung El País: "Die Wahlentscheidung in Athen könnte der Auslöser sein für eine politische Krise, die dann auf Italien und mit Verzögerung auch auf Frankreich überzuspringen droht. Diese beiden Länder sind die zweit- und die drittgrößte Volkswirtschaft in der Eurozone. Die Zeichen in Italien stehen ebenfalls auf Sturm und sind zunehmend nicht mehr nur gegen die Austeritätspolitik, sondern auch gegen den Euro als solchen gerichtet. Und hinter Italien droht die französische Krise. Es zeichnet sich zudem ein Grundsatzkonflikt mit Deutschland ab - und das zu einem Zeitpunkt, wo sich dort ebenfalls eine rechte antieuropäische und deutschnationale Kraft in den Parlamenten und auf der Straße formiert, welche die Spielräume Berlins für einen Kompromiss erheblich einschränken wird."

Kathimerini (GR) /

Überlebensinstinkt könnte Griechenland retten

Letztendlich liegt es in den Händen der Bürger, stabile Verhältnisse in Griechenland zu schaffen, meint die konservative Tageszeitung Kathimerini: "Griechenland zu regieren ist eine unglaublich komplizierte und gefährliche Angelegenheit. Die Krise frisst ständig Parteien und Führer. Das Land steht vor sehr großen Dilemmata, die schnelle und mutige Antworten erfordern werden. ... Εine wichtige neue Vereinbarung mit unseren [europäischen] Partnern wird erforderlich sein, und nur eine Regierung mit einer breiten Akzeptanz und Unterstützung wird in der Lage sein, diese zu verhandeln. ... Die Bürger, die letztlich einen starken Überlebensinstinkt haben, werden vielleicht erzwingen, was heute unmöglich scheint: ein nationales Verständnis [zwischen den politischen Parteien], so dass niemand mehr unkontrolliert mit dem Schicksal des Landes experimentieren kann."

Spiegel Online (DE) /

Nicht in griechische Wahl einmischen

Führende Politiker der linken Partei Syriza wollen nach einem Sieg bei der Parlamentswahl vom Sparkurs abweichen. Europäische Politiker drohen mit dem Rauswurf Griechenlands aus der Eurozone. Doch niemand darf den Griechen das Recht auf eine freie Wahl absprechen, fordert Kolumnist Jakob Augstein auf dem Nachrichtenportal Spiegel-Online: "Die Demokratie unterscheidet sich von der Diktatur durch die Wahlen. Darauf ist der Westen stolz. Es sei denn, ein Volk droht links zu wählen. Dann empören sich unsere öffentlich-rechtlichen 'Tagesthemen' über die Demokratie der Griechen. ... Demokratie muss man sich offenbar leisten können. Und die Griechen sind pleite. Also sollen sie gefälligst das Wählen bleiben lassen. Was für eine Anmaßung! Im Gegenteil: Griechenland könnte zum Hoffnungszeichen der Demokratie in Europa werden. In der Euro-Krise hat die Demokratie in Europa einen autoritären Charakter angenommen. ... Die Demokratie verkam zur Herrschaft von Experten durch Experten für Experten."