Front National suspendiert Gründer Le Pen

Die französische rechtsextreme Partei Front National hat die Mitgliedschaft ihres Mitgründers Jean-Marie Le Pen am Montag ausgesetzt. Seine Tochter und Parteivorsitzende, Marine Le Pen, suspendierte ihn wegen antisemitischer Äußerungen. Ein geschickter Schachzug der Tochter, die ihre Partei salonfähig machen will, meinen einige Kommentatoren. Andere betonen, dass der Front National dennoch rechtsextrem bleiben wird.

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Frankfurter Allgemeine Zeitung (DE) /

Mit politischer Korrektheit an die Macht

Der Auslöser für Jean-Marie Le Pens Rauswurf waren seine verbalen Ausfälle, nicht jedoch seine rechtsextremistische Gesinnung, meint die konservative Frankfurter Allgemeine Zeitung: "2002 brachte ihn seine Kritik an den Regierungsparteien bis in die Stichwahlrunde der Präsidentenwahlen. Damals wurde offenbar, wie sehr sich Le Pen davor fürchtete, politische Verantwortung zu tragen. Seine Tochter aber wird von einem Machtwillen geleitet, der ihm fremd und unheimlich ist. Grund des Zerwürfnisses ist kein politischer Richtungsstreit. Marine Le Pen hat sich vom Gedankengut ihres Vaters noch lange nicht losgesagt. Aber sie strebt nach Regierungsverantwortung und kann deshalb nicht länger die Verstöße ihres Vaters gegen die politische Korrektheit tolerieren. Mit der 'Entsorgung' des alten Volkstribuns macht es Marine Le Pen den etablierten Parteien schwer, sie weiterhin politisch auszugrenzen."

Libération (FR) /

Front National bleibt weiter rechtsextrem

Der Ausschluss des Ehrenvorsitzenden Le Pen ändert absolut nichts am rechtsextremen Programm der Partei, schreibt die linksliberale Tageszeitung Libération: "Marine Le Pen weiß, was sie tut: Durch den theatralischen Bruch mit ihrem Vater unterstreicht sie die strategische Wende, die sie vor einigen Jahren eingeschlagen hat. 'Wie könnt ihr mich verteufeln, da ich doch den Teufel verjagt habe!', wird sie sagen. Diesem nachvollziehbaren, spektakulären, melodramatischen Bruch wird ein Großteil der öffentlichen Meinung Glauben schenken. Was ist aber wirklich dran? Dass der FN seinem Antisemitismus einen Dämpfer verpasst, bedeutet, dass er einen neuen Sündenbock hat. Die Juden erregen nicht länger seine Feindschaft, sondern nun sind es die Araber. Oder genauer gesagt die Muslime. ... Die Verbannung des Gründers ist eine heftige Geste, doch das Programm des FN ist nach dem Psychodrama das gleiche wie zuvor."

Jornal de Negócios (PT) /

Kritische Weltlage spielt Le Pen in die Hände

Für Marine Le Pen mag der Streit mit ihrem Vater momentan wie ein Nachteil aussehen. Doch wird ihre Partei bis zur Präsidentschaftswahl 2017 weiter von den Krisen in der Welt profitieren, meint die wirtschaftsliberale Tageszeitung Jornal de Negócios: "Der drohende Bankrott Griechenlands und die Bedrohung eines EU-Austritts Großbritanniens, das vom schottischen Separatismus erschüttert wird, unlösbare Konflikte in der arabischen Welt und in Subsahara-Afrika, die illegale Einwanderung und den Dschihad fördern: All dies arbeitet zugunsten von Marine le Pen. Der politische Vatermord ist ein unvermeidlicher Schritt, um einen Gründer des FN über Bord zu werfen, der sich zu einem Hindernis für die Ausdehnung der Partei entwickelt hat. ... Marine Le Pen muss derzeit den Zorn ihres Vaters über sich ergehen lassen, aber sie hat gute Chancen, Nicolas Sarkozy in einer zweiten Runde der Präsidentschaftswahl 2017 gegenüberzustehen."