Rechtsradikale bedrohen Kultur in Slowakei

Der Chef der gerade ins slowakische Parlament eingezogenen neonazistischen Partei LS-Naše Slovensko, Marián Kotleba, hat in seiner Funktion als Bezirkschef des Distrikts Banská Bystrica eine Theateraufführung in der Stadt Brezno abbrechen lassen, weil ihm das Stück missfiel. Droht der Slowakei die kulturelle Gleichschaltung?

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Denník N (SK) /

Slowakische Neonazis eifern Goebbels nach

Das Vorgehen von Marián Kotleba von der neonazistischen Partei LS-Naše Slovensko erinnert die liberale Tageszeitung Dennik N an die nationalsozialistische Gleichschaltung unter Propagandaminister Joseph Goebbels:

„Die Schließung von Theatern und die Knebelung der Kultur, die nicht den Kriterien der nationalen 'Reinheit' entsprechen, waren schon länger zu befürchten. Und diese Politik ist auch nicht neu. Faschistische Parteien haben nach ihrer Machtergreifung stets zuerst eine 'Kulturreinigung' vorgenommen. Theater und Schauspieler waren unter Goebbels die ersten Opfer der Nationalsozialisten. Das finale Ziel war die 'Gleichschaltung' der Gesellschaft. Es folgten Bücherverbrennungen oder propagandistische Ausstellungen angeblich dekadenter Kunst. ... Eine sehr ähnliche 'Reinigung' der Kultur strebt jetzt Kotleba an. Das darf ihm nicht gelingen.“

Sme (SK) /

Kulturpolitik nicht den Extremisten überlassen

Aufgrund des Desinteresses der anderen Parteien fürchtet die liberale Tageszeitung Sme, dass die Kulturpolitik in Zukunft ungefragt Rechtsradikale wie Kotleba in die Hand nehmen:

„Im Programmentwurf der neuen Koalition taucht Kultur nur am Rande auf. Dass 'neue Quellen zu ihrer Finanzierung' gesucht werden müssten, heißt nichts anderes, als dass der Staat seine Verantwortung auf andere abschiebt. Die Partei Sieť widmete der Kultur keine ihrer 16 Arbeitsgruppen. ... Die Nationalpartei SNS spricht von der Notwendigkeit einer 'aufgeklärten Kulturstrategie' für die Gesellschaft, was immer das sein soll. Sollte die [sozialdemokratische] Partei Smer [von Premier Fico] das Kulturressort führen, dann sicher mit dem Abgeordneten Ján Podmanický, der unter anderem schon für die Rehabilitierung des Führers der nazistischen slowakischen Slowakei, Jozef Tiso, kämpfte. Offenbar werden sich um die Kultur also nur Kotleba und ihm nahe stehende Leute kümmern.“