Darf das Parlament beim Brexit mitreden?

In Großbritannien verhandelt seit Montag das Oberste Gericht über das Mitspracherecht des Parlaments beim geplanten EU-Austritt. Der vorsitzende Richter betonte zum Auftakt der viertägigen Anhörung, es gehe nur um das Recht und nicht um politische Fragen. Das stimmt nicht, widersprechen einige Kommentatoren. Andere sind sich sicher, dass auch das Parlament den Brexit nicht verhindern würde.

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Daily Mail (GB) /

Höchstgericht muss Brexit-Votum bestätigen

Falls der Supreme Court das Urteil des Londoner Gerichts bestätigt, hätte dies schwerwiegende politische Konsequenzen, kritisiert The Daily Mail:

„Labour-Chef Jeremy Corbyn erklärte, dass er die Brexit-Gesetzgebung mit einer endlos langen Reihe von Änderungsanträgen im Unterhaus verzögern werde. Europa-Fanatiker Nick Clegg von den Liberaldemokraten, die lediglich neun Abgeordnete im Unterhaus haben, sagt, er werde schlicht gegen den Brexit stimmen, wenn es kein zweites Referendum zur Frage der Bedingungen geben sollte. ... In welcher Welt lebt jemand, der behauptet, dass das Urteil dieses Gerichts nicht politisch sei? Es fühlt sich an wie eine Ewigkeit, als Ex-Premier David Cameron den Wählern erklärt hat: 'Das ist eure Entscheidung.' Und wie sehr trifft die Warnung von Generalstaatsanwalt Jeremy Wright zu: Sollte der Oberste Gerichtshof das Urteil der ersten Instanz bestätigen, wäre das eine Geringschätzung der Wähler.“

The Evening Standard (GB) /

Abgeordnete würden EU-Austritt nicht verhindern

Die Aufregung der EU-Kritiker über ein mögliches Mitspracherecht des Parlaments ist nicht nachvollziehbar, meint The Evening Standard:

„Könnte das Urteil des Obersten Gerichtshofs darüber entscheiden, ob wir die EU verlassen? Das glauben einige, daher bezeichnen sie die Argumente der Kläger als Versuch, den Brexit zu verhindern. Allem Anschein nach tut der juristische Antrag aber nichts dergleichen. Und in der Praxis wird das Urteil kaum einen Unterschied machen. Wenn das Parlament ein entsprechendes Gesetz erlassen muss, bevor der EU-Austrittsantrag gestellt wird, dann wird es das mit ziemlicher Sicherheit auch tun. Sollte es sich weigern, wäre eine Neuwahl unausweichlich. Es ist kaum vorstellbar, dass eine der derzeit bestehenden politischen Parteien mit der Strategie gewinnen könnte, das Ergebnis der Brexit-Volksabstimmung nicht umsetzen zu wollen.“