Die Verlockungen eines neuen Brexit-Referendums

Lässt sich die Brexit-Entscheidung doch noch revidieren? Scheint eine zweite Abstimmung nicht sogar zwingend, nun da Mays Regierung nach der Neuwahl geschwächt dasteht und sich die Verhandlungen mit der EU schwierig gestalten? In Großbritannien werden diese Fragen zunehmend diskutiert.

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Financial Times (GB) /

Die Brexit-Fraktion hatte ihre Chance

Financial Times argumentiert für ein zweites Referendum:

„Je deutlicher wird, dass die ursprüngliche Vision zum Brexit in sich zusammenfällt, desto mehr werden seine Anhänger darauf beharren, dass ein zweites Referendum undemokratisch wäre. Aber ihre Sicht auf die Demokratie gleicht der eines Diktators der Dritten Welt: … Sobald eine Entscheidung in einem Referendum getroffen wurde, kann diese nicht mehr rückgängig gemacht werden. Das ist ein Prinzip, das man niemals auf eine Wahldemokratie ausweiten würde, wo eine Zustimmung mindestens alle fünf Jahre erneuert werden muss. Referenden seien anders, argumentiert man. Aber sind sie das wirklich? ... An einem bestimmten Punkt werden die Briten zu der offensichtlichen Schlussfolgerung kommen, dass die Brexit-Fraktion ihre Chance hatte - und gescheitert ist. Dann wird es Zeit, wieder die Kontrolle zu übernehmen.“

The Guardian (GB) /

Den Stimmungswandel gibt es nicht

Für illusorisch und gefährlich hält The Guardian die Forderung nach einem neuen Referendum:

„Zu einem späteren Zeitpunkt mag Großbritannien für eine Regierung stimmen, die eine demütige Rückkehr in die EU befürwortet, die sich bis dahin vielleicht selbst gewandelt hat. ... Aber versuche niemals, ein zweites Referendum durchzuführen. Haben wir diese Lektion nicht auf schmerzliche Weise gelernt? Eine primitive Frage spaltet ein Land, das von Emotionen angetrieben wird, die nicht auf dem Stimmzettel zu finden sind und lähmt die Politik für Jahre. Falls Sie durch Ihren Hang zur Selbstbestätigung Ihre Aufmerksamkeit nur auf Geschichten richten, die Ihnen glaubhaft machen, dass wir an einem Wendepunkt sind, dann werfen Sie einen Blick auf Murdoch, in The Mail und in The Telegraph, die ihr Gift versprühen. Sie wären auch bei einem zweiten Referendum noch da.“