Fünf Jahre Franziskus: Revolution oder nur Worte?

Seit fünf Jahren sitzt Jorge Bergoglio auf dem Heiligen Stuhl. Wie stark Franziskus' Pontifikat den Vatikan und die katholische Kirche verändert hat, ist in Europas Medien umstritten.

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Jornal de Notícias (PT) /

An der Seite der Vergessenen

Jornal de Notícias lobt den Papst für seine Menschlichkeit:

„Die Kirche kehrt unter Papst Franziskus zu ihren Wurzeln zurück. Sie positioniert sich an der Seite der Enterbten, derjenigen, die in extremer Einsamkeit leben: Bürger und Bürgerinnen, die still ihre Almosen empfangen, sodass die Gesellschaft ein reines Gewissen hat. Durch die Stimme von Papst Franziskus erfahren wir von dem erschreckenden Alltag in Syrien, nicht durch das Geflüster der UN. Er ist es, der uns wachrüttelt, wenn wieder ein Mensch auf der Suche nach einem würdigen Dasein sein Leben im Mittelmeer lässt.“

Gazeta Wyborcza (PL) /

Vom Ende der einheitlichen Lehre

Verändert Papst Franziskus die kirchliche Lehre? Gazeta Wyborcza versucht sich an einer Antwort:

„Das hängt davon ab, was man darunter versteht. Man könne die Lehre nicht im Schrank einmotten, heißt es vom Papst, und sein wichtigster Berater, Kardinal Kasper, erklärt, die Doktrin sei wie ein Fluss. Im Vatikan spricht man auch davon, die Kirche zu dezentralisieren und den Episkopaten der einzelnen Länder eine Lehrbefugnis zuzugestehen. Laut Kommentatoren des Kirchenrechts könnte es auf diese Weise dazu kommen, dass eine geschiedene Person in einem Land an der Kommunion teilnehmen darf und im anderen nicht. Wahrscheinlich geschieht es so und Franziskus lässt es zu. Und somit stellt sich die ganz grundsätzliche Frage, ob in der gesamten Katholischen Kirche die gleichen Regeln gelten sollen.“

La Vanguardia (ES) /

Mut zur Tat fehlt noch

Noch nicht in allen Bereichen sind den schönen Worten des Papstes auch mutige Taten gefolgt, klagt hingegen La Vanguardia:

„Franziskus hat die Struktur des Vatikans dynamisiert, die Kirchenfinanzen saniert, deren Aufsicht erneuert und Misswirtschaft bekämpft. ... Doch wie schon seine Vorgänger schreckte auch er davor zurück, Priesterinnen zuzulassen. Und im Kampf gegen sexuellen Missbrauch enttäuschte er diejenigen, die darin eine oberste Priorität sehen. Obwohl die Nummer drei der Kirchenhierarchie, Kardinal George Pell, vor Gericht steht, hat Franziskus keine entscheidenden Schritte eingeleitet. Aus dem zum Kampf gegen dieses Übel eingerichteten Gremium traten einige Mitglieder aus Protest gegen dessen Laxheit wieder aus. 'Die Worte des Papstes weisen immer in die richtige Richtung. Das Problem ist, dass darauf keine Taten folgen', klagte einer von ihnen.“